Darstellung der Arbeiten der Preisträger
KARL-FREUDENBERG-PREIS
Blanche Schwappach: „Zelluläre Lokalisierungssignale für den intrazellulären
Transport und die Qualitätskontrolle von Kanalproteinen“
In der Bauchspeicheldrüse, genauer in den sich dort befindenden beta-Zellen, ist em
biologischer Regelkreis realisiert, der die Insulinausschüttung kontinuierlich an den
Blutzuckerspiegel anpasst. Von zentraler Bedeutung in diesem Regelkreis ist der
ATP-empfindliche Kaliumkanal, ein raffiniertes Kopplungselement. Er fungiert als
Sensor, der über das Stoffwechselprodukt ATP (Adenosintriphosphat) die Blut-
zuckerkonzentration misst, und als Regler, der die Insulinausschüttung an den jeweils
aktuellen Sollwert anpasst. Meine Arbeitsgruppe am Zentrum für Molekulare Bio-
logie der Universität Heidelberg (ZMBH) untersucht den ATP-empfindlichen Kali-
umkanal. Insbesondere interessiert uns das Leben des lonenkanals selbst: Er wird
nicht an der Plasmamembran geboren, sondern tief im Inneren der Zelle, in einer
Art Proteinfabrik, dem so genannten endoplasmatischen Retikulum. Dabei handelt
es sich um ein weit verzweigtes Geflecht aus Membranen. Proteinsynthese-Maschi-
nen, die Ribosomen heißen, docken an diese Membranen an und stellen einzelne
Proteine her, die direkt in die Membran eingefädelt werden. Nach diesem ersten
Syntheseschritt wird der lonenkanal aus den acht Proteinen, die ihn ausmachen,
zusammengesetzt. Jeder einzelne Kanal besteht aus vier Proteinen von der einen und
vier von der anderen Art. Und nur in genau dieser Zusammensetzung können die
lonenkanäle später an der Zelloberfläche ihre Funktion erfüllen. Deshalb gibt es in
der Zelle - wie in einer Fabrik — eine Qualitätskontrollabteilung. Hier wird die Pro-
duktion, der fertige ATP-empfindliche Kaliumkanal, noch einmal überprüft, bevor
er verpackt und vom Ort der Herstellung an seinen eigentlichen Einsatzort
geschickt wird.
Während meiner Zeit als Postdoktorandin an der Universität von Kalifornien
in San Francisco habe ich herausgefunden, dass jede einzelne Untereinheit des ATP-
empfindlichen Kaliumkanals einen kleinen Sequenzabschnitt enthält, der wie eine
Postleitzahl funktioniert. Zellbiologen bezeichnen diese molekulare Postleitzahl als
Sortierungssignal und die von mir entdeckten Signale verkünden deutlich „Zielort:
Endoplasmatisches Retikulum“! Dies ist also der Trick, mit dem verhindert wird,
dass unvollständig zusammengesetzte lonenkanäle, zum Beispiel solche, die aus zwei
oder fünf oder sieben statt acht Proteinen bestehen, das endoplasmatische Retiku-
lum verlassen können. Wenn sich jedoch vier Untereinheiten von der einen und vier
von der anderen Art im richtigen Verhältnis zusammenfinden, werden diese Sortie-
rungssignale mit einem Mal abgedeckt, und es steht der Verpackung des lonenkanal-
Komplexes in so genannte Transportvesikel mit der Adresse „Plasmamembran“
nichts mehr entgegen. Unsere Gruppe hier in Heidelberg wollte nun zunächst zwei
Fragen klären: Wer liest die Postleitzahl und stellt sicher, dass die Untereinheiten mit
dem entsprechenden Sortierungssignal im endoplasmatischen Retikulum bleiben?
KARL-FREUDENBERG-PREIS
Blanche Schwappach: „Zelluläre Lokalisierungssignale für den intrazellulären
Transport und die Qualitätskontrolle von Kanalproteinen“
In der Bauchspeicheldrüse, genauer in den sich dort befindenden beta-Zellen, ist em
biologischer Regelkreis realisiert, der die Insulinausschüttung kontinuierlich an den
Blutzuckerspiegel anpasst. Von zentraler Bedeutung in diesem Regelkreis ist der
ATP-empfindliche Kaliumkanal, ein raffiniertes Kopplungselement. Er fungiert als
Sensor, der über das Stoffwechselprodukt ATP (Adenosintriphosphat) die Blut-
zuckerkonzentration misst, und als Regler, der die Insulinausschüttung an den jeweils
aktuellen Sollwert anpasst. Meine Arbeitsgruppe am Zentrum für Molekulare Bio-
logie der Universität Heidelberg (ZMBH) untersucht den ATP-empfindlichen Kali-
umkanal. Insbesondere interessiert uns das Leben des lonenkanals selbst: Er wird
nicht an der Plasmamembran geboren, sondern tief im Inneren der Zelle, in einer
Art Proteinfabrik, dem so genannten endoplasmatischen Retikulum. Dabei handelt
es sich um ein weit verzweigtes Geflecht aus Membranen. Proteinsynthese-Maschi-
nen, die Ribosomen heißen, docken an diese Membranen an und stellen einzelne
Proteine her, die direkt in die Membran eingefädelt werden. Nach diesem ersten
Syntheseschritt wird der lonenkanal aus den acht Proteinen, die ihn ausmachen,
zusammengesetzt. Jeder einzelne Kanal besteht aus vier Proteinen von der einen und
vier von der anderen Art. Und nur in genau dieser Zusammensetzung können die
lonenkanäle später an der Zelloberfläche ihre Funktion erfüllen. Deshalb gibt es in
der Zelle - wie in einer Fabrik — eine Qualitätskontrollabteilung. Hier wird die Pro-
duktion, der fertige ATP-empfindliche Kaliumkanal, noch einmal überprüft, bevor
er verpackt und vom Ort der Herstellung an seinen eigentlichen Einsatzort
geschickt wird.
Während meiner Zeit als Postdoktorandin an der Universität von Kalifornien
in San Francisco habe ich herausgefunden, dass jede einzelne Untereinheit des ATP-
empfindlichen Kaliumkanals einen kleinen Sequenzabschnitt enthält, der wie eine
Postleitzahl funktioniert. Zellbiologen bezeichnen diese molekulare Postleitzahl als
Sortierungssignal und die von mir entdeckten Signale verkünden deutlich „Zielort:
Endoplasmatisches Retikulum“! Dies ist also der Trick, mit dem verhindert wird,
dass unvollständig zusammengesetzte lonenkanäle, zum Beispiel solche, die aus zwei
oder fünf oder sieben statt acht Proteinen bestehen, das endoplasmatische Retiku-
lum verlassen können. Wenn sich jedoch vier Untereinheiten von der einen und vier
von der anderen Art im richtigen Verhältnis zusammenfinden, werden diese Sortie-
rungssignale mit einem Mal abgedeckt, und es steht der Verpackung des lonenkanal-
Komplexes in so genannte Transportvesikel mit der Adresse „Plasmamembran“
nichts mehr entgegen. Unsere Gruppe hier in Heidelberg wollte nun zunächst zwei
Fragen klären: Wer liest die Postleitzahl und stellt sicher, dass die Untereinheiten mit
dem entsprechenden Sortierungssignal im endoplasmatischen Retikulum bleiben?