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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2005
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 16. April 2005
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Appenzeller, Immo: Woraus besteht unser Kosmos?
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https://doi.org/10.11588/diglit.67593#0057
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SITZUNGEN

es neben der bekannten und der dunklen Materie noch eine Energie (und damit
eine Masse) des leeren Raums gibt. Eine solche Vakuum-Energie, die man heute
meist als ‘dunkle Energie’ bezeichnet, wurde bereits von Einstein im Rahmen der
Allgemeinen Relativitätstheorie (als ‘Kosmologische Konstante’) vorgeschlagen.
Auch die gegenwärtige Quantentheorie der Materie sagt die potentielle Existenz
einer Vakuumenergie voraus.Von der dunklen Materie unterscheidet sich die dunkle
Energie unter anderem dadurch, dass sie als eine Eigenschaft des leeren Raums
räumlich und zeitlich konstant ist, während die Dichte der dunklen Materie wegen
der kosmischen Expansion mit der Zeit abnimmt.
4 Eine kurze kosmische Inventur
Wie bereits erwähnt, erlauben es die neuen astronomischen Beobachtungen, die
relativen Beiträge der verschiedenen Bausteine des Kosmos zur derzeitigen Masse-
Energie-Dichte abzuschätzen. Das Ergebnis (mit den jeweiligen Unsicherheiten) ist
in der folgenden Tabelle zusammengefasst:

Spezies
Anteil (in °/o) an der kosmischen Massendichte
Planeten
<0,001
Sterne
0,25±0,04
Schwarze Löcher
0,01±0,002
interstellares Gas
0,08±0,01
intergalaktisches Gas
4,2±0,3
Neutrinos
<0,20
Strahlungsfeld
0,005±0,000
dunkle Materie
23,0±3,0
dunkle Energie
72,5±3,0

5 Folgerungen
Wie die Tabelle zeigt, sind die dominierenden Beiträge zur gegenwärtigen kosmi-
schen Massendichte die dunkle Energie und die dunkle Materie. Die uns vertraute-
sten kosmischen Bausteine (Planeten, Sterne, interstellare Materie) machen weniger
als 0,5% der Masse aus. Dass bei der normalen Materie das intergalaktische Gas über-
wiegt, ist verständlich, da in unserem beschleunigt expandierenden Universum das
meiste Gas keine Chance hatte (und keine mehr haben wird), zu Sternen und Gala-
xien auszukondensieren. Der hohe Anteil der dunklen Energie und die physikalische
Natur der dunklen Energie und der dunklen Materie sind dagegen bis jetzt unver-
standen. Bei der dunklen Materie gilt es inzwischen als sehr wahrscheinlich, dass sie
aus einer noch unbekannten Art von Elementarteilchen besteht, die nur sehr
schwach mit normaler Materie wechselwirken. Schwach wechselwirkende Teilchen
kennen wir seit vielen Jahren in der Form von Neutrinos, die es in großen Mengen
im Kosmos gibt, ohne dass sie sich bemerkbar machen. Neutrinos sind aber zu leicht,
um die dunkle Materie erklären zu können. Andere ausreichend schwach wechsel-
wirkende Teilchen sind im Rahmen der gegenwärtigen Theorie der Elementarteil-
chen nicht bekannt. Es gibt aber Weiterentwicklungen (wie die Theorie der Super-
 
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