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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2005
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Math.-nat. Klasse am 16. April 2005
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Appenzeller, Immo: Woraus besteht unser Kosmos?
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https://doi.org/10.11588/diglit.67593#0056
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16. April 2005

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addieren der Massen der Sterne, des Gases und der Schwarzen Löcher erhält. Da die
zusätzliche Masse für uns unsichtbar ist (weil sie offenbar weder Licht aussendet noch
Licht absorbieren kann) nennt man diese Masse die ‘dunkle Materie’.
Em Teil der Galaxien sind selbst wieder Bausteine von noch größeren, gravita-
tiv gebundenen Systemen, den Galaxienhaufen. Auch bei Galaxienhaufen ist die
Gesamtmasse viel größer als die Summe der Massen der Galaxien, aus denen sie
bestehen. Em kleiner Teil der fehlenden Haufenmasse konnte in der Form von Gas
zwischen den Galaxien identifiziert werden. Der größte Teil der Masse ist aber auch
hier unsichtbar. Dunkle Materie finden wir daher nicht nur in Galaxien, sondern in
noch größerem Maße in Galaxienhaufen. Sie wurde daher dort 1933 von dem
Schweizer Physiker Fritz Zwicky auch zum ersten Mal nachgewiesen. Andererseits
finden wir keine Konzentration von dunkler Materie in Sternhaufen, Sternen, oder
Planetensystemen. Die Dunkle Materie ist also weniger stark ‘verdichtet’ als norma-
le Materie.
3 Vergangenheit und Zukunft des Kosmos
Seit 1929 wissen wir, dass unser Kosmos sich ausdehnt. Die genaue Expansionsrate
als Funktion der kosmischen Zeit kennen wir aber erst seit wenigen Jahren. Zwei
neuere Messungen waren für die Bestimmung dieser Funktion besonders wichtig:
Einerseits konnte das Expansionsgesetz aus der Beobachtung weit entfernter Super-
novae einer bestimmten Klasse (SNela) abgeleitet werden. Bei dieser Klasse von
Supernovae handelt es sich um thermonukleare Sternexplosionen, bei denen immer
der gleiche ‘Sprengstoff’ (Kohlenstoff) und immer die gleiche Menge (die kritische
Masse für entartete Kohlenstoffmatene) explodieren. SNela besitzen daher eine gut
definierte absolute Strahlungsleistung und eignen sich deshalb besonders gut zur
Ableitung der Expansionsrate als Funktion der Entfernung (und damit der Zeit). Die
zweite wichtige Beobachtung war die genaue Vermessung der kosmischen Mikro-
wellenstrahlung. Diese Strahlung, die den ganzen Kosmos ausfüllt, wurde kurz nach
dem Urknall ausgesandt, als das Universum anfing, durchsichtig zu werden. Da
unsere Welt damals (lange vor der Entstehung von Sternen und Galaxien) sehr
homogen war, ist diese Strahlung fast isotrop. Abgesehen von einer großräumigen
Asymmetrie wegen unserer Bewegung im Weltall gibt es lediglich ganz geringe
(relative Amplitude~ICD) Abweichungen von der Isotropie als Folge von Schallwel-
len, die im frühen Universum durch die Wechselwirkung der Eigengravitation von
Quantenfluktuationen mit dem Gas- und Strahlungsdruck entstanden sind. Da diese
Schallwellen von der Masse und der Natur der Materie und vom Expansionsgesetz
abhängen, liefert ihr Spektrum präzise Informationen über die Zusammensetzung
und die Expansion des Kosmos. In den letzten Jahren wurde dieses Spektrum von
rund 30 verschiedenen Forschergruppen untersucht, wobei die genauesten Ergeb-
nisse mit dem Weltraumteleskop ‘Wilkinson Microwave Amsotropy Probe’ (WMAP)
der NASA gewonnen wurden.
Auf Grund der neuen Beobachtungen wissen wir, dass sich unser Kosmos nach
einer anfänglich (durch die Eigengravitation der Materie) verlangsamten Expansion
heute beschleunigt ausdehnt. Ein solches Verhalten ist nur dann verständlich, wenn
 
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