16. Juli 2005 | 79
sen eines Schülers schätzen, muss diese Schätzungen für Dutzende von Schülern
zugleich vornehmen, wobei die Schülerleistung zwischen Fächern und mit der
Zeit variieren kann. Unabhängig vom Wissen soll der Lehrer die Motivation
sowie das Sozialverhalten der Schüler erfassen. Rationales Entscheiden in dieser
komplexen Welt bedeutet in erster Linie, echte Unterschiede von Fehlereinflüs-
sen zu trennen.
(b) Alle fehlerbehafteten Umwelten unterliegen der statistischen Regression.
Tatsächlich bestehende Unterschiede, etwa zwischen starken und schwachen
Schülern, werden unterschätzt. Mit zunehmender Unsicherheit werden somit
starke Schülern benachteiligt und schwache Schüler bevorteilt.
(c) Urteilstäuschungen und Ungerechtigkeiten entstehen durch differenzielle
Regression, etwa wenn die Umwelt des Lehrers über manche Schüler mehr
Information anbietet als über andere (z.B. weil manche Schüler sich häufiger
melden). Häufigere Beobachtung bewirkt (infolge verminderter Regression),
dass starke Schüler stärker und schwache Schüler schwächer bewertet werden.
(d) Differenzielle Regression — die ökologische Ursache für viele kognitive Täu-
schungen — entsteht regelmäßig, wenn Individuen in ihrer Umwelt gezielte
Hypothesen testen. Ein Lehrer sammelt mehr Information über Jungen in Phy-
sik und über Mädchen in Sprachen und gelangt so zu einer illusionären Bestäti-
gung des Geschlechterstereotyps.
(e) Auf ähnliche Weise werden Urteilstäuschungen durch Distanz erzeugt, weil über
fremde (distante) Personen und Gruppen weniger Information bekannt ist und
daher mehr Regression entsteht als über vertraute (nahe) Personen.
Zahlreiche Verstöße gegen rationale Normen — wie grob verzerrte Expertenurteile,
Fehlprognosen oder Überschätzung der eigenen Sicherheit — können auf diese Weise
als völlig normale Einflüsse der Umwelt auf den Geist verstanden werden, ohne dass
verzerrte kognitive oder motivationale Prozesse angenommen werden müssen.
Gesamtsitzung am 16. Juli 2005
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Herr Ernst A. Schmidt hält einen Vortrag: „Spontane Bewegungsimpulse des Atoms
in der epikureischen Naturphilosophie“.
Der Vortrag unternimmt einen neuen Lösungsvorschlag zu zwei Problemen: Ist die
Naturerklärung des antiken und zumal des hellenistischen Atomismus mechani-
stisch? Wie ist Willensfreiheit atomistisch denkbar, welche Vermittlung von Materie
und Geist ist möglich?
Die epikureische Naturphilosophie bietet in der Lehre von der spontanen
Abweichung der Atome von ihrer Flugbahn (JtaQEyxXlOlg, „Seitwärtseinbeugung“,
sen eines Schülers schätzen, muss diese Schätzungen für Dutzende von Schülern
zugleich vornehmen, wobei die Schülerleistung zwischen Fächern und mit der
Zeit variieren kann. Unabhängig vom Wissen soll der Lehrer die Motivation
sowie das Sozialverhalten der Schüler erfassen. Rationales Entscheiden in dieser
komplexen Welt bedeutet in erster Linie, echte Unterschiede von Fehlereinflüs-
sen zu trennen.
(b) Alle fehlerbehafteten Umwelten unterliegen der statistischen Regression.
Tatsächlich bestehende Unterschiede, etwa zwischen starken und schwachen
Schülern, werden unterschätzt. Mit zunehmender Unsicherheit werden somit
starke Schülern benachteiligt und schwache Schüler bevorteilt.
(c) Urteilstäuschungen und Ungerechtigkeiten entstehen durch differenzielle
Regression, etwa wenn die Umwelt des Lehrers über manche Schüler mehr
Information anbietet als über andere (z.B. weil manche Schüler sich häufiger
melden). Häufigere Beobachtung bewirkt (infolge verminderter Regression),
dass starke Schüler stärker und schwache Schüler schwächer bewertet werden.
(d) Differenzielle Regression — die ökologische Ursache für viele kognitive Täu-
schungen — entsteht regelmäßig, wenn Individuen in ihrer Umwelt gezielte
Hypothesen testen. Ein Lehrer sammelt mehr Information über Jungen in Phy-
sik und über Mädchen in Sprachen und gelangt so zu einer illusionären Bestäti-
gung des Geschlechterstereotyps.
(e) Auf ähnliche Weise werden Urteilstäuschungen durch Distanz erzeugt, weil über
fremde (distante) Personen und Gruppen weniger Information bekannt ist und
daher mehr Regression entsteht als über vertraute (nahe) Personen.
Zahlreiche Verstöße gegen rationale Normen — wie grob verzerrte Expertenurteile,
Fehlprognosen oder Überschätzung der eigenen Sicherheit — können auf diese Weise
als völlig normale Einflüsse der Umwelt auf den Geist verstanden werden, ohne dass
verzerrte kognitive oder motivationale Prozesse angenommen werden müssen.
Gesamtsitzung am 16. Juli 2005
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Herr Ernst A. Schmidt hält einen Vortrag: „Spontane Bewegungsimpulse des Atoms
in der epikureischen Naturphilosophie“.
Der Vortrag unternimmt einen neuen Lösungsvorschlag zu zwei Problemen: Ist die
Naturerklärung des antiken und zumal des hellenistischen Atomismus mechani-
stisch? Wie ist Willensfreiheit atomistisch denkbar, welche Vermittlung von Materie
und Geist ist möglich?
Die epikureische Naturphilosophie bietet in der Lehre von der spontanen
Abweichung der Atome von ihrer Flugbahn (JtaQEyxXlOlg, „Seitwärtseinbeugung“,