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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2005 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2005
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 10. Dezember 2005
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Hahn, Hermann: Einengungen im Wasserverbrauch, in der Wasserqualität
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https://doi.org/10.11588/diglit.67593#0093
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106 | SITZUNGEN

muten wäre, lassen Folgendes erkennen: die erstaunlich geringe Menge an verfügba-
rem Süßwasser von etwa 3,6 Mio. m3 scheint für die Versorgung von 7 Milliarden
Menschen oder mehr zu genügen, wenn man davon ausgeht, dass jeder Verbraucher
einen Tagesbedarf von 200 Litern oder mehr zu befriedigen versucht, em Bedarf, wie
er gegenwärtig aus unseren öffentlichen Netzen bereitgestellt wird. Was bei solchen
Bilanzierungen immer übersehen wird, ist die Ungleichverteilung des Wassers auf
dem Globus zum einen und zum anderen auch die zeitliche Varianz der Wasser-
vorräte: hier ist festzustellen, dass es gerade in den Regionen, in denen die Zunah-
me der Weltbevölkerung besonders groß ist, auch an genügend großen Vorkommen
und deren Erneuerung mangelt. Ein noch viel gravierenderer Fehler dieser Art von
Bilanz ist die Tatsache, dass der Bedarf von Landwirtschaft und Industrie nicht mit
einbezogen ist. Und dieser ist um ein Vielfaches größer oder kann, projiziert auf den
einzelnen Konsumenten, als ein um den Faktor 20 bis 30 höherer Pro-Kopf-Bedarf
angegeben werden. Wir entnehmen also etwa 200 Liter (in Deutschland sind es aus
Gründen intensivierten „Umwelt“-Bewusstseins im Durchschnitt nur noch wenig
mehr als 130 Liter) aus dem Versorgungsnetz, verbrauchen aber indirekt jeden Tag
tausend und mehr Liter durch die Nahrung, die wir aufnehmen und die Gebrauchs-
gegenstände, zu deren Fertigung ebenfalls geringere oder größere Wassermengen
erforderlich sind.
Gerade im Bereich der Produktion von Verbrauchsgütern hat sich der sog.
„integrierte Umweltschutz“ (intensiviert durch eine EU Richtlinie zur integrierten
Verminderung und Vermeidung von Umweltbelastungen IWU) darin manifestiert,
dass das zur Produktion benötigte Wasser in einem mehr oder weniger geschlosse-
nen Kreislauf geführt wird, der Wasserkreislauf also „eingeengt“ wird. Am Beispiel
der Papierindustrie soll dies illustriert werden. Und es sollen auch die Probleme
benannt werden, die dabei zutage getreten sind. — Eine globale Betrachtung der
Statistik des Wasserbedarfs dieses Industriesektors zeigt, dass er erstens ein sehr
verbrauchsintensiver war: die Papierfabriken sind historisch entlang abflussreicher
Flüsse gegründet worden. Bei industrieller Produktion bedurfte es in der Zeit nach
dem zweiten Weltkrieg, also dem Wiederaufbau unserer Industrie, der etwa 300-
fachen Wassermenge bezogen auf die produzierte Papiermenge. Heute schmücken
zahlreiche Papierfabriken ihre Selbstdarstellung mit Angaben, dass nur etwa 10 bis 13
Kilogramm oder Liter an Wasser benötigt werden, um ein Kilogramm an Papier her-
zustellen. Eine spürbare Einsparung!
Wasser dient in der Papierfertigung dazu, die Papierfasern zusammen mit den
benötigten und erwünschten Papierinhaltsstoffen (bis hin zur Parfümierung!) gleich-
mäßigst auf die Papiermaschine zu bringen. Nach Entzug des Wassers und Trocknung
entsteht so ein gleichmäßiger „Film“, das erwünschte Papierprodukt. Einengungen
im Verbrauch resp. Schließungen im Wasserkreislauf werden erreicht, indem man das
entzogene Wasser wieder an den Anfangsort der Produktion zurückführt. Es ist ohne
weiteres einzusehen, dass in einem Prozess, bei dem Wasser verdunstet oder gar ver-
dampft, Salz zurückbleibt, dass also bei einem völlig geschlossenen Kreislauf dieses
rezirkulierte Wasser im Salzgehalt zunimmt. Auch andere Inhaltsstoffe werden ange-
reichert, häufig aber auch in ihrem Zustand durch mehrfaches Durchlaufen des Pro-
 
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