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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2006 — 2006

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I. Das Geschäftsjahr 2006
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 15. Juli 2006
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Wetterich, Christoph: Urknall und Dunkle Energie - über Anfang und Ende des Universums
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Welker, Michael: Was ist Schöpfung?: Zur Subtilität antiken Weltordnungsdenkens
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https://doi.org/10.11588/diglit.66961#0072
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SITZUNGEN

Gesamtsitzung am 15. Juli 2006
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
Die Herren Werner Frick, Wolfgang Frisch und Josef Maran halten ihre Antritts-
reden.
Herr Christoph Wetterich hält einen Vortrag: „Urknall und Dunkle Energie — über
Anfang und Ende des Universums“.
Eine Zusammenfassung des Vortrags ist im Internet unter http://www.thphys.uni-
heidelberg.de/~wetteric/ zu finden.
Herr Michael Welker hält ein Co-Referat: „Was ist Schöpfung? Zur Subtilität anti-
ken Weltordnungsdenkens“.
Ich werde mit meinen Überlegungen nicht ein religiöses Konkurrenzangebot zu
dem eben gehörten Vortrag zu unterbreiten suchen. Ich möchte Sie vielmehr auf die
Subtilität und Reichweite dessen aufmerksam machen, was antikes religiöses Welt-
ordnungsdenken mit der Rede von „Schöpfung“ verbindet.
Blicken wir zunächst auf das, was heute allgemeine Lexika unter „Schöpfung“
verstehen. Sie bestimmen die Schöpfung als die Natur, die Welt oder eine vage vor-
gestellte Totalität, sofern sie als hervorgebracht und abhängig angesehen wird. Die Figur
des Hervorgebracht- und Abhängigseins hält sich durch, unabhängig davon, ob die
Schöpfung (creatura) einem Gott zugeschrieben wird oder mehreren Göttern oder
anderen ursprünglicheren, schlechthin überlegenen bzw. überweltlichen, übernatür-
lichen Kräften und Instanzen. Aber auch der Akt oder die Aktivität der Hervorbrin-
gung des „Ganzen“, der Welt oder der Natur wird als „Schöpfung“ bezeichnet
(creatio). Die zusammenfassenden Vorstellungen und Gedanken über diesen Akt der
Hervorbringung und das solchermaßen Hervorgebrachte sind meist dunkel. In
Mythen, Sagen und einigen schwer dekodierbaren kosmologischen Theorien
werden diese „letzten Gedanken“ bewegt. In unseren westlichen Kulturen werden
sie seit langem auf eine sehr abstrakte und karge Konzeption eines letzten unhinter-
gehbaren und unhinterfragbaren Verursachens und Verursachtseins zusammengezo-
gen: Gott ist der „Grund des Seins“, „die alles bestimmende Wirklichkeit“ etc.
Gegenüber diesen sehr schlichten theistischen Gedanken, die zu ebenfalls sehr
schlichten Rückfragen und Bedenken führen können („Wie kann ein allmächtiger
und guter Gott Leid zulassen?“) zeichnet der wichtigste Klassiker unter den bibli-
schen Schöpfungstexten, der sog. Schöpfungsbericht der Priesterschrift, Genesis 1,
ein wesentlich subtileres Bild. Dieser Text, wohl während des babylonischen Exils um
550 (586 bis 538) vor Chr. entstanden, verarbeitet erheblich ältere altorientalische
Schöpfungsmythen. Er ist der Klassiker zum Thema „Schöpfung“, ein Thema, das
aber auch in Genesis 2, in verschiedenen Psalmen und in Weisheitstexten behandelt
wird.
 
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