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NACHRUFE
FRIEDRICH VOGEL
(8.3.1925 -5.8.2006)
Warum schreibt ausgerechnet eine Experimentalpsychologin, Wissenschaftssoziolo-
gin, Thanatologin, Psychotherapeutin, Ethnologin einen Nachruf auf den inter-
national wichtigsten deutschen Humangenetiker des letzten halben Jahrhunderts,
Friedrich Vogel?
Es gibt einige kleine äußere Gründe. Er wollte Ethnologe werden und ward
es nicht. Ich wollte keine Ethnologin werden und bin es geworden. Friedrich Vogel
und ich haben darüber auch einmal ein vergnügliches Gespräch geführt. Sodann sind
wir beide in der gleichen Fachklasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse. Friedrich Vogel wurde 1989 in
die Akademie berufen, ich kam 1997 dazu. Es gab so viele Gelegenheiten von Kon-
takt und Gespräch. Die letzte Begegnung war etwa eineinhalb Jahre vor seinem Tod.
Ich habe noch seinen geraden Blick vor Augen, ich höre noch seine etwas scharfe
Stimme und ich weiß noch, wie unentrinnbar er war, wenn er in aller Intensität zu
einem sprach. Besonders oft haben wir über Indien gesprochen. Friedrich Vogel hatte
enge fachliche Beziehungen nach Indien, war dort Gastprofessor und hat Indien
viele Male bereist. Ich war etwa ebenso oft forschungsbedingt in Indien und habe
noch vorletztes Jahr eine kleine Störung zwischen Friedrich Vogel und einem indi-
schen Kollegen zu heilen versucht.
Aber der wichtigere Grund, warum ich gerne die Aufgabe übernahm, einen
Nachruf auf Friedrich Vogel zu schreiben, ist, dass Friedrich Vogel zwischen 1975
und 1980 im Rahmen eines DFG-Forschungsprojektes ein „Gegenstand“ meiner
Forschung war! Lange Gespräche habe ich mit ihm geführt, sie wurden mit Tonband
aufgenommen, transkribiert, analysiert und mit den Daten anderer Humangenetiker
und Anthropologen verglichen. Daraus entstand das Buch „Maus und Schlange“,
eine vergleichende wissenschaftssoziologische Studie von Anthropologie und
NACHRUFE
FRIEDRICH VOGEL
(8.3.1925 -5.8.2006)
Warum schreibt ausgerechnet eine Experimentalpsychologin, Wissenschaftssoziolo-
gin, Thanatologin, Psychotherapeutin, Ethnologin einen Nachruf auf den inter-
national wichtigsten deutschen Humangenetiker des letzten halben Jahrhunderts,
Friedrich Vogel?
Es gibt einige kleine äußere Gründe. Er wollte Ethnologe werden und ward
es nicht. Ich wollte keine Ethnologin werden und bin es geworden. Friedrich Vogel
und ich haben darüber auch einmal ein vergnügliches Gespräch geführt. Sodann sind
wir beide in der gleichen Fachklasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften,
der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse. Friedrich Vogel wurde 1989 in
die Akademie berufen, ich kam 1997 dazu. Es gab so viele Gelegenheiten von Kon-
takt und Gespräch. Die letzte Begegnung war etwa eineinhalb Jahre vor seinem Tod.
Ich habe noch seinen geraden Blick vor Augen, ich höre noch seine etwas scharfe
Stimme und ich weiß noch, wie unentrinnbar er war, wenn er in aller Intensität zu
einem sprach. Besonders oft haben wir über Indien gesprochen. Friedrich Vogel hatte
enge fachliche Beziehungen nach Indien, war dort Gastprofessor und hat Indien
viele Male bereist. Ich war etwa ebenso oft forschungsbedingt in Indien und habe
noch vorletztes Jahr eine kleine Störung zwischen Friedrich Vogel und einem indi-
schen Kollegen zu heilen versucht.
Aber der wichtigere Grund, warum ich gerne die Aufgabe übernahm, einen
Nachruf auf Friedrich Vogel zu schreiben, ist, dass Friedrich Vogel zwischen 1975
und 1980 im Rahmen eines DFG-Forschungsprojektes ein „Gegenstand“ meiner
Forschung war! Lange Gespräche habe ich mit ihm geführt, sie wurden mit Tonband
aufgenommen, transkribiert, analysiert und mit den Daten anderer Humangenetiker
und Anthropologen verglichen. Daraus entstand das Buch „Maus und Schlange“,
eine vergleichende wissenschaftssoziologische Studie von Anthropologie und