Ronald G.Asch | 135
Literaturwissenschaft doch eigentlich recht bodenständig seien. Es fällt mir nicht
immer leicht, ihr zu widersprechen.
1996 erhielt ich einen Ruf an die Universität Osnabrück. Die Tatsache, daß
man sich dort besonders intensiv um mich bemühte, damit ich nicht noch auf einen
sich abzeichnenden zweiten Ruf nach Leipzig wartete, hatte mich allerdings früh-
zeitig argwöhnisch gemacht und der Wechsel von Münster ins benachbarte Osna-
brück war in der Tat nicht ganz einfach, denn als schlecht finanzierte Reformuni-
versität der 70er Jahre war Osnabrück gegenüber größeren Hochschulen nur
begrenzt konkurrenzfähig. Hinzu kamen mancherlei Seltsamkeiten struktureller und
personeller Art, die die Universität noch aus ihrer Gründungszeit unter von Oertzen
prägten. Andererseits boten das groß gefeierte Jubiläum des Westfälischen Friedens
1998 ebenso wie eine Reihe von lokalen Projekten z. B. zur Adelsgeschichte mir
doch eine Möglichkeit, in der Stadt und ihrem Umland Fuß zu fassen. In Osnabrück
entstand auch — dank eines Freisemesters, das ich in Cambridge am Selwyn College
verbrachte - eine knappe Studie über den europäischen Adel im 16. und 17. Jahr-
hundert, die ich ebenso wie zuvor schon ein Buch über den Dreißigjährigen Krieg
auf Englisch publizierte, eine erweiterte und stark überarbeitete deutsche Fassung
wird demnächst erscheinen.
Den Ruf nach Freiburg, den ich 2002 erhielt, nahm ich ohne langes Zögern
an. Hier habe ich sehr viel stärker als in Osnabrück die Gelegenheit, auch in der
Lehre die westeuropäische besonders englische Geschichte in den Mittelpunkt mei-
ner Tätigkeit zu stellen. Dennoch bleibt man in der Geschichtswissenschaft, wenn
man nicht primär über die eigene Nationalgeschichte arbeitet, zumindest in der
frühen Neuzeit em wenig Außenseiter. Man vermittelt zwischen unterschiedlichen
Wissenschaftskulturen, gehört aber weder der einen noch der anderen ganz an. Indes,
mögen sich hier mit der Europäisierung der deutschen Geschichtswissenschaft auch
Chancen bieten. Darauf zumindest gilt es zu hoffen.
Gestatten sie mir eine abschließende Bemerkung. Es gibt Kollegen und Kolle-
ginnen, deren wissenschaftliche Schaffenskraft stark auf eine große zentrale Frage
ausgerichtet ist. Das war bei mir nie der Fall, I have never been a one issue man and
never will be one, ich kann es mir wegen meiner Verbindung der britischen mit der
deutschen und europäischen Geschichte auch gar nicht leisten, aber wenn man eine
relative Breite von Themen abzudecken versucht, zahlt man natürlich dafür einen
gewissen Preis, und in einer Zeit, wo es vor allem um Sichtbarkeit und Alleinstel-
lungsmerkmale der zum Teil ausgefallensten Art geht, ist dies vermutlich keine sehr
kluge Strategie, aber man erweist der eigenen Disziplin am Ende wohl doch keinen
Dienst, wenn man nur in diesen taktischen Kategorien denkt. Ich hoffe jedenfalls,
daß für solche eher unkonventionellen Wege doch noch einige Jahre Raum bleiben
wird, bevor die Universitäten endgültig den Weg der konsequenten Selbstvermark-
tung gehen, der sich jetzt abzeichnet und den der eine oder andere Kollege selber
mit Eifer beschreitet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte ihnen für die Aufnahme
in ihren Kreise nachdrücklich danken. Valde mdignus ob insignem hunc honorem
quem augusta haec sodahtas in me contuht gratias ago.
Literaturwissenschaft doch eigentlich recht bodenständig seien. Es fällt mir nicht
immer leicht, ihr zu widersprechen.
1996 erhielt ich einen Ruf an die Universität Osnabrück. Die Tatsache, daß
man sich dort besonders intensiv um mich bemühte, damit ich nicht noch auf einen
sich abzeichnenden zweiten Ruf nach Leipzig wartete, hatte mich allerdings früh-
zeitig argwöhnisch gemacht und der Wechsel von Münster ins benachbarte Osna-
brück war in der Tat nicht ganz einfach, denn als schlecht finanzierte Reformuni-
versität der 70er Jahre war Osnabrück gegenüber größeren Hochschulen nur
begrenzt konkurrenzfähig. Hinzu kamen mancherlei Seltsamkeiten struktureller und
personeller Art, die die Universität noch aus ihrer Gründungszeit unter von Oertzen
prägten. Andererseits boten das groß gefeierte Jubiläum des Westfälischen Friedens
1998 ebenso wie eine Reihe von lokalen Projekten z. B. zur Adelsgeschichte mir
doch eine Möglichkeit, in der Stadt und ihrem Umland Fuß zu fassen. In Osnabrück
entstand auch — dank eines Freisemesters, das ich in Cambridge am Selwyn College
verbrachte - eine knappe Studie über den europäischen Adel im 16. und 17. Jahr-
hundert, die ich ebenso wie zuvor schon ein Buch über den Dreißigjährigen Krieg
auf Englisch publizierte, eine erweiterte und stark überarbeitete deutsche Fassung
wird demnächst erscheinen.
Den Ruf nach Freiburg, den ich 2002 erhielt, nahm ich ohne langes Zögern
an. Hier habe ich sehr viel stärker als in Osnabrück die Gelegenheit, auch in der
Lehre die westeuropäische besonders englische Geschichte in den Mittelpunkt mei-
ner Tätigkeit zu stellen. Dennoch bleibt man in der Geschichtswissenschaft, wenn
man nicht primär über die eigene Nationalgeschichte arbeitet, zumindest in der
frühen Neuzeit em wenig Außenseiter. Man vermittelt zwischen unterschiedlichen
Wissenschaftskulturen, gehört aber weder der einen noch der anderen ganz an. Indes,
mögen sich hier mit der Europäisierung der deutschen Geschichtswissenschaft auch
Chancen bieten. Darauf zumindest gilt es zu hoffen.
Gestatten sie mir eine abschließende Bemerkung. Es gibt Kollegen und Kolle-
ginnen, deren wissenschaftliche Schaffenskraft stark auf eine große zentrale Frage
ausgerichtet ist. Das war bei mir nie der Fall, I have never been a one issue man and
never will be one, ich kann es mir wegen meiner Verbindung der britischen mit der
deutschen und europäischen Geschichte auch gar nicht leisten, aber wenn man eine
relative Breite von Themen abzudecken versucht, zahlt man natürlich dafür einen
gewissen Preis, und in einer Zeit, wo es vor allem um Sichtbarkeit und Alleinstel-
lungsmerkmale der zum Teil ausgefallensten Art geht, ist dies vermutlich keine sehr
kluge Strategie, aber man erweist der eigenen Disziplin am Ende wohl doch keinen
Dienst, wenn man nur in diesen taktischen Kategorien denkt. Ich hoffe jedenfalls,
daß für solche eher unkonventionellen Wege doch noch einige Jahre Raum bleiben
wird, bevor die Universitäten endgültig den Weg der konsequenten Selbstvermark-
tung gehen, der sich jetzt abzeichnet und den der eine oder andere Kollege selber
mit Eifer beschreitet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich möchte ihnen für die Aufnahme
in ihren Kreise nachdrücklich danken. Valde mdignus ob insignem hunc honorem
quem augusta haec sodahtas in me contuht gratias ago.