Radiometrische Altersbestimmung von Wasser und Sedimenten
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In unserem Projekt ‘Tree-14’ im Rahmen des EuroCIimate-Programms der Euro-
pean Science Foundation (ESF) ist es 2007 gelungen, die vorher unabhängig auf-
gebauten Jahrringchronologien aus Süddeutschland (M. Friedrich) und der Schweiz
(F. Kaiser, M. Schaub) auf Jahrringebene zu synchronisieren, nachdem wir in den
vergangenen Jahren durch intensive 14C-Vordatierungen den Aufbau der Einzel-
chronologien ermöglicht hatten (vgl. frühere Jahrbücher). Die neue Mittelchronolo-
gie umfasst 1350 Ringe im Zeitbereich 12.100 bis 10.650 14C BP, d.h. sie überdeckt
die erste Wiedererwärmung nach dem Hochstand der letzten Eiszeit (Ende des Böl-
ling und das gesamte Allerod) und das erste Jahrhundert der Kaltphase der Jüngeren
Dryas. Die Chronologie ist immer noch schwimmend (‘floatingj, d.h. noch nicht an
die jahrgenau von heute an gezählten Eichen- und Kiefernchronologie aus beiden
Labors angeschlossen. Daher kann die 14C-Serie, die wir in Heidelberg bestimmt
haben, noch nicht zur 14C-Kalibration herangezogen werden, und folglich beruht
die 14C-Kahbration terrestrischer 14C-Alter in diesem Bereich auf einer Übertra-
gung von marinen 14C-Serien auf die Atmosphäre. Hierfür muss die marine Reser-
voirkorrektur angewendet werden; die Unsicherheit in ihrem Wert und der räum-
lich/zeitlichen Variabilität stellt ein wesentliches Hindernis in genauen Kalender-
altern mit Hilfe der 14C-Datierung im Spätglazial dar.
Hier tragen schon jetzt unsere 14C-Daten der Baumringchronologie zu neuen
Einsichten bei: Da die Altersskala der Chronologie zwar schwimmend, aber (auf rela-
tiver Basis) jahrgenau ist, können wir mit einer Anpassung unserer Daten an die
marinen Serien prüfen, ob die Annahme einer konstanten marinen Reservoirkor-
rektur erfüllt ist. Schon auf der Basis der Einzelserien beider Labors hatten sich klare
Widersprüche gezeigt, und wir hatten auf erhöhte Reservoirkorrektur im gesamten
Allerod geschlossen (vgl. Jahrbuch 2006). Dies hat zu intensiven Arbeiten unserer
Kollegen geführt, und es zeichnet sich jetzt eine Alternative zu unserer Hypothese
ab. R. Muscheier (Lund) hat aus einem Vergleich von Messungen von 1()Be in Grön-
land-Eiskernen mit unseren 14C-Daten vorgeschlagen, dass die schwimmende Jahr-
ringchronologie deutlich jünger als bisher angenommen datiert, mit der Konse-
quenz, dass die marine Reservoirkorrektur im tropischen Atlantik im Bereich des
Beginns der Jüngeren Dryas deutlich geringer als bisher postuliert ist.
Falls diese Hypothese richtig ist, lassen sich wichtige offene Fragen zu Ur-
sache und Zeitstellung der Jüngeren Dryas lösen; denn auf der Basis der marinen
Daten ist der 14C-Verlauf nicht mit Modellen der Ozeanzirkulation in Einklang zu
bringen, und es besteht eine Diskrepanz von ca. zwei Jahrhunderten im Beginn der
Jüngeren Dryas zwischen marinen Archiven, Eiskernen und Varven aus europäi-
schen Seen.
Feldarbeiten
Die Feldarbeiten zum Auffinden weiterer subfossiler Baumstämme, von denen wir
uns eine Schließung der Fundlücke in der Jüngeren Dryas und eine Erweiterung
in das frühe Bölling (> 14.200 Kalenderjahre vor heute) erhoffen, haben sich auf
Norditalien und Südfrankreich konzentriert. Aus der Voralpenregion nördlich von
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In unserem Projekt ‘Tree-14’ im Rahmen des EuroCIimate-Programms der Euro-
pean Science Foundation (ESF) ist es 2007 gelungen, die vorher unabhängig auf-
gebauten Jahrringchronologien aus Süddeutschland (M. Friedrich) und der Schweiz
(F. Kaiser, M. Schaub) auf Jahrringebene zu synchronisieren, nachdem wir in den
vergangenen Jahren durch intensive 14C-Vordatierungen den Aufbau der Einzel-
chronologien ermöglicht hatten (vgl. frühere Jahrbücher). Die neue Mittelchronolo-
gie umfasst 1350 Ringe im Zeitbereich 12.100 bis 10.650 14C BP, d.h. sie überdeckt
die erste Wiedererwärmung nach dem Hochstand der letzten Eiszeit (Ende des Böl-
ling und das gesamte Allerod) und das erste Jahrhundert der Kaltphase der Jüngeren
Dryas. Die Chronologie ist immer noch schwimmend (‘floatingj, d.h. noch nicht an
die jahrgenau von heute an gezählten Eichen- und Kiefernchronologie aus beiden
Labors angeschlossen. Daher kann die 14C-Serie, die wir in Heidelberg bestimmt
haben, noch nicht zur 14C-Kalibration herangezogen werden, und folglich beruht
die 14C-Kahbration terrestrischer 14C-Alter in diesem Bereich auf einer Übertra-
gung von marinen 14C-Serien auf die Atmosphäre. Hierfür muss die marine Reser-
voirkorrektur angewendet werden; die Unsicherheit in ihrem Wert und der räum-
lich/zeitlichen Variabilität stellt ein wesentliches Hindernis in genauen Kalender-
altern mit Hilfe der 14C-Datierung im Spätglazial dar.
Hier tragen schon jetzt unsere 14C-Daten der Baumringchronologie zu neuen
Einsichten bei: Da die Altersskala der Chronologie zwar schwimmend, aber (auf rela-
tiver Basis) jahrgenau ist, können wir mit einer Anpassung unserer Daten an die
marinen Serien prüfen, ob die Annahme einer konstanten marinen Reservoirkor-
rektur erfüllt ist. Schon auf der Basis der Einzelserien beider Labors hatten sich klare
Widersprüche gezeigt, und wir hatten auf erhöhte Reservoirkorrektur im gesamten
Allerod geschlossen (vgl. Jahrbuch 2006). Dies hat zu intensiven Arbeiten unserer
Kollegen geführt, und es zeichnet sich jetzt eine Alternative zu unserer Hypothese
ab. R. Muscheier (Lund) hat aus einem Vergleich von Messungen von 1()Be in Grön-
land-Eiskernen mit unseren 14C-Daten vorgeschlagen, dass die schwimmende Jahr-
ringchronologie deutlich jünger als bisher angenommen datiert, mit der Konse-
quenz, dass die marine Reservoirkorrektur im tropischen Atlantik im Bereich des
Beginns der Jüngeren Dryas deutlich geringer als bisher postuliert ist.
Falls diese Hypothese richtig ist, lassen sich wichtige offene Fragen zu Ur-
sache und Zeitstellung der Jüngeren Dryas lösen; denn auf der Basis der marinen
Daten ist der 14C-Verlauf nicht mit Modellen der Ozeanzirkulation in Einklang zu
bringen, und es besteht eine Diskrepanz von ca. zwei Jahrhunderten im Beginn der
Jüngeren Dryas zwischen marinen Archiven, Eiskernen und Varven aus europäi-
schen Seen.
Feldarbeiten
Die Feldarbeiten zum Auffinden weiterer subfossiler Baumstämme, von denen wir
uns eine Schließung der Fundlücke in der Jüngeren Dryas und eine Erweiterung
in das frühe Bölling (> 14.200 Kalenderjahre vor heute) erhoffen, haben sich auf
Norditalien und Südfrankreich konzentriert. Aus der Voralpenregion nördlich von