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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
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Jahresfeier am 14. Juni 2008
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Niehrs, Christof: Dialektik der embryonalen Induktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0035
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JAHRESFEIER



Abbildung 7: Allgemeines Schema von embryonalen Induktionsketten
Zwei Zelltypen (A, B) treten in Wechselwirkung und an ihrer Grenzfläche entsteht aus einem der
beiden ein dritter Zelltyp (C). Dieser tritt seinerseits in Wechselwirkung mit den beiden ursprüng-
lichen und an den Grenzflächen entstehen jeweils neue Zelltypen. Induktionsketten zeigen forma-
le Ähnlichkeit zur hierarchischen Gliederung im dialektischen Weltbild.

vate der Neuralplatte und der Epidermis sind. Der Augenbecher, so konnte Spemann
durch eine Serie von Transplantationsexperimenten zeigen, induziert in der Epider-
mis die Linse, so dass beide ein harmonisches Ganzes bilden (Spemann, 1968). Die
Linse wiederum induziert im darüber liegenden Ektoderm die Hornhaut. Der
Augenbecher ist als neurales Gewebe jedoch selbst durch Induktion vermittels des
Spemann Organisators entstanden. Der Augenbecher lässt sich daher nach Spemann
als Induktor zweiter Ordnung bezeichnen. Die Linse, welche die Hornhaut indu-
ziert, wäre demnach ein Induktor dritter Ordnung. Man kann sich daher die
embryonale Entwicklung als Induktionsketten vorstellen, deren Glieder die Induk-
toren oder Organisatoren höherer Ordnung sind.
Wir können das Prinzip der Induktion nun verallgemeinern. Zwei Gewebety-
pen treten miteinander in Wechselwirkung und an Ihrer Grenzfläche entsteht als
Ergebnis ein neuer Zelltyp. Der neue Zelltyp tritt seinerseits in Wechselwirkung mit
angrenzenden Geweben. Als Ergebnis dieser neuen Wechselwirkung bilden sich
durch Induktion wieder neue Zelltypen und so fort. Man kann die Entwicklung
daher als eine Kette von Induktionsprozessen ansehen (Abb. 7). Genau wie im
Froschkeim finden auch bei höheren Wirbeltieren solche Induktionsketten statt. Der
 
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