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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2008 — 2009

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I. Das Geschäftsjahr 2008
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Wittig, Sigmar: Eckard Macherauch (30.9.1926 - 10.7.2008)
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https://doi.org/10.11588/diglit.67591#0146
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Eckard Macherauch

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und die Wissenschaftsverwaltung seinen Rat beanspruchten. Seine mitreißende
Begeisterungsfähigkeit, seine Bereitschaft zur Übernahme schwierigster Aufgaben
und sein Verständnis für andere finden ihre Erklärung in einem Lebenslauf, der von
seinen noch vom Krieg geprägten Anfängen und unvorhersehbaren Wendungen bis
hin zu vielfachen Ehrungen nicht nur - so hat er es selbst einmal formuliert — „durch
viele gütige Fügungen und nachwirkende Zufälle“ bestimmt war sondern durch die
gestaltende Kraft einer Persönlichkeit, die sich ihrer Wurzeln bewusst war.
Eckard Macherauch wurde am 30. September 1926 in Stadtilm in Thüringen
geboren. Dorthin, wo er in der Oberschule in Arnstadt seine weitgespannten Inter-
essen entwickeln konnte, sollte es ihn in späteren Jahren immer wieder hinziehen.
Die Wirren des Krieges und der ersten Nachkriegsjahre führten dazu, dass der
18-jährige Notabiturient aus einem englischen Kriegsgefangenenlager in einem
kleinen niedersächsischen Dorf hilfsbereite Aufnahme fand. Es waren dann eher
praktische Überlegungen, die den Studenten, der seinen Lebensunterhalt selbst
bestreiten musste, das Studium der Physik 1948 in Stuttgart — und nicht wie zunächst
geplant in Göttingen — aufnehmen ließ. Über die faszinierende Ausstrahlungskraft
einiger seiner akademischen Lehrer hat Eckard Macherauch immer wieder berich-
tet. So ist es nicht verwunderlich, dass er das Angebot von Richard Glocker, dem
Vorstand des Röntgeninstituts der damaligen Technischen Hochschule Stuttgart und
Direktor des Instituts für Metallphysik am Max-Planck-Institut für Metallforschung,
zur frühen Mitarbeit annahm. Bereits 1953, dem Jahr seines Diplomabschlusses,
konnte er mit R. Glocker in der Zeitschrift für Metallkunde eine erste Publikation
über das Problem der Biegefließgrenzenerhöhung von Stählen mit Hilfe der rönt-
genographischen Spannungsanalyse vorlegen. Schon in dieser Arbeit klingen wich-
tige Gebiete seiner späteren und bis in die jüngste Vergangenheit reichenden
Forschungsaktivitäten an, und zwar die röntgenographische Spannungsanalyse sowie
die mechanischen Eigenschaften technisch relevanter metallischer Werkstoffe. Schon
1955 folgte die Promotion mit einer vertieften Untersuchung zum Einfluss von
Schwell-Lasten auf die Biegefließgrenze. Die Annahme der Stelle eines Wissen-
schaftlichen Mitarbeiters am Max-Planck-Institut bot die Möglichkeit zum Aufbau
einer Arbeitsgruppe, die sich neben der röntgenographischen Spannungsanalyse
intensiv mit dem ein- und wechselseitigen Verformungsverhalten von reinen und
legierten Metallen unter besonderer Berücksichtigung von Oberflächeneinflüssen
beschäftigte. Besonders hervorzuheben ist die Entwicklung des bis heute weltweit als
Standardmethode angewandte sin2-tp-Verfahrens zur röntgenographischen Bestim-
mung von Last- und Eigenspannungen. 1960 habilitierte sich Eckard Macherauch
mit einer Arbeit zum „Verhalten oberflächennaher Kristallite kubisch-flächenzen-
trierter Metalle bei der Zugverformung“ und erhielt die Venia Legendi für das Fach
Metallphysik.
Die Schaffensperiode in Stuttgart ist auch geprägt von der Hinwendung des
Grundlagenwissenschaftlers zur Anwendungsorientierung und dem Brückenschlag
zu den Ingenieurswissenschaften. Eckard Macherauch bewegt sich (Zitat) „im Span-
nungsfeld zwischen der Wissenschaft als Ökonomie des Erkennens und Denkens und
Technik als Ökonomie des Gestaltens und Kräftegebrauchs“. Vor diesem Hinter-
 
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