322 | FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
2008/9 ein in Kooperation mit dem Heidelberger altertumswissenschaftlichen Gra-
duiertenkolleg „Räume Bilder Lebensformen“ von Sebastian Schmidt-Hofner und
Prof. Markus Hilgert, Assyriologe an der Universität Heidelberg, veranstaltetes Dok-
torandenkolloquium zum Thema „Raum und Grenze in der kulturwissenschaft-
lichen Theoriebildung“. Darin wurden in einem Intensivkurs alle zwei Wochen
soziologische und ethnologische Theoretiker des Raums von Simmel bis Bourdieu
gelesen. Im Kreise des WIN-Kollegs wurde dieses Format noch in zwei weiteren
Sitzungen im Sommersemester 2009 fortgesetzt, in denen geographische Raum-
theorien (Benno Werlen, Edward Soja, Gerhard Hard) besprochen wurden. In meh-
reren Sitzungen wurden zudem von den Kollegiaten und Mitarbeitern des Kollegs
theoretische Ansätze vorgestellt, die in ihrem jeweiligen Fach für die Analyse von
Raumkonstruktionen entwickelt wurden (so z. B. die Thesen F. de Polignacs zum
archaischen Griechenland, s. u.). Insgesamt fanden im Jahr 2009 durchschnittlich
etwa einmal im Monat Ganz- oder Halbtagessitzungen statt.
III. Fortschritte in den Teilprojekten
Arbeitsgebiet 1: Griechische einschließlich der minoischen Kultur. Das mit dem Gesamt-
projekt Ende 2008 begonnene Habilitationsprojekt von Sebastian Schmidt-Hofner
untersucht den Zusammenhang von Raumordnung und Polis im spätarchaischen
und klassischen Griechenland am Beispiel Athens, dem hier aufgrund der Quellen-
lage für die Kenntnis der griechischen Polis eine paradigmatische Rolle zukommt.
Gegenstand dieser Fallstudie ist die Frage, wie das Land Attika, das Territorium der
Stadt Athen, diskursiv (etwa im attischen Drama, den Grabreden und anderen Text-
oder Bildmedien) oder durch zeichenhafte Handlungen (Ephebendienst, Prozessio-
nen, Baumaßnahmen und anderes) als ein in sich geschlossener und ideell aufgela-
dener Raum konstruiert wurde, wie solche Raumkonstruktionen zur Bildung kol-
lektiver Identität in der Polis Athen beitrugen, und in welcher Wechselwirkung bei-
des zu den sozialen und politischen Kontexten jener Konstruktionen stand. Das Jahr
2009 diente dabei der weiteren Präzisierung des Themas sowie der Einarbeitung in
das Quellenmaterial und die umfangreiche Literatur zu den durch das Projekt
berührten Forschungsdebatten um das klassische Athen. Außerdem entstand 2009
eine weitere durch das Projekt angeregte Studie in Aufsatzformat zum Zusammen-
hang von Raum und Performanz bei der symbolischen Kommunikation zwischen
Kaiser und Senat in der spätantiken Stadt Rom.
Die Dissertation von NoachVander Beken zu „The Normative Order of Space
in Minoan Society“ untersucht am Beispiel der minoischen Paläste Kretas und der
Höhenheiligtümer, Kulthöhlen und anderer Ritualplätze der Insel die Frage, was sich
aus einer rein archäologischen Überlieferung für das Thema der Raumordnungen
gewinnen lässt. Ziel ist es zu zeigen, wie diese Anlagen durch ihre architektonische
Raumgestaltung und durch ihre räumliche Situierung in Siedlungen bzw., bei den
extraurbanen Kultplätzen, in größeren regionalen Zusammenhängen normative
Ordnungsprinzipien der minoischen Gesellschaft, also zum Beispiel Machtverhält-
nisse, zum Ausdruck bringen. Die Erarbeitung einer methodischen Grundlage zur
2008/9 ein in Kooperation mit dem Heidelberger altertumswissenschaftlichen Gra-
duiertenkolleg „Räume Bilder Lebensformen“ von Sebastian Schmidt-Hofner und
Prof. Markus Hilgert, Assyriologe an der Universität Heidelberg, veranstaltetes Dok-
torandenkolloquium zum Thema „Raum und Grenze in der kulturwissenschaft-
lichen Theoriebildung“. Darin wurden in einem Intensivkurs alle zwei Wochen
soziologische und ethnologische Theoretiker des Raums von Simmel bis Bourdieu
gelesen. Im Kreise des WIN-Kollegs wurde dieses Format noch in zwei weiteren
Sitzungen im Sommersemester 2009 fortgesetzt, in denen geographische Raum-
theorien (Benno Werlen, Edward Soja, Gerhard Hard) besprochen wurden. In meh-
reren Sitzungen wurden zudem von den Kollegiaten und Mitarbeitern des Kollegs
theoretische Ansätze vorgestellt, die in ihrem jeweiligen Fach für die Analyse von
Raumkonstruktionen entwickelt wurden (so z. B. die Thesen F. de Polignacs zum
archaischen Griechenland, s. u.). Insgesamt fanden im Jahr 2009 durchschnittlich
etwa einmal im Monat Ganz- oder Halbtagessitzungen statt.
III. Fortschritte in den Teilprojekten
Arbeitsgebiet 1: Griechische einschließlich der minoischen Kultur. Das mit dem Gesamt-
projekt Ende 2008 begonnene Habilitationsprojekt von Sebastian Schmidt-Hofner
untersucht den Zusammenhang von Raumordnung und Polis im spätarchaischen
und klassischen Griechenland am Beispiel Athens, dem hier aufgrund der Quellen-
lage für die Kenntnis der griechischen Polis eine paradigmatische Rolle zukommt.
Gegenstand dieser Fallstudie ist die Frage, wie das Land Attika, das Territorium der
Stadt Athen, diskursiv (etwa im attischen Drama, den Grabreden und anderen Text-
oder Bildmedien) oder durch zeichenhafte Handlungen (Ephebendienst, Prozessio-
nen, Baumaßnahmen und anderes) als ein in sich geschlossener und ideell aufgela-
dener Raum konstruiert wurde, wie solche Raumkonstruktionen zur Bildung kol-
lektiver Identität in der Polis Athen beitrugen, und in welcher Wechselwirkung bei-
des zu den sozialen und politischen Kontexten jener Konstruktionen stand. Das Jahr
2009 diente dabei der weiteren Präzisierung des Themas sowie der Einarbeitung in
das Quellenmaterial und die umfangreiche Literatur zu den durch das Projekt
berührten Forschungsdebatten um das klassische Athen. Außerdem entstand 2009
eine weitere durch das Projekt angeregte Studie in Aufsatzformat zum Zusammen-
hang von Raum und Performanz bei der symbolischen Kommunikation zwischen
Kaiser und Senat in der spätantiken Stadt Rom.
Die Dissertation von NoachVander Beken zu „The Normative Order of Space
in Minoan Society“ untersucht am Beispiel der minoischen Paläste Kretas und der
Höhenheiligtümer, Kulthöhlen und anderer Ritualplätze der Insel die Frage, was sich
aus einer rein archäologischen Überlieferung für das Thema der Raumordnungen
gewinnen lässt. Ziel ist es zu zeigen, wie diese Anlagen durch ihre architektonische
Raumgestaltung und durch ihre räumliche Situierung in Siedlungen bzw., bei den
extraurbanen Kultplätzen, in größeren regionalen Zusammenhängen normative
Ordnungsprinzipien der minoischen Gesellschaft, also zum Beispiel Machtverhält-
nisse, zum Ausdruck bringen. Die Erarbeitung einer methodischen Grundlage zur