Das WIN-Kolleg
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Beantwortung dieser Fragen - etwa durch die Analyse von Sichtbezügen, Räumen
für Performanz oder Grenzziehungen im Kontext architektonischer Gestaltung und
natürlicher Gegebenheiten — in Auseinandersetzung mit anthropologischen und
soziologischen Theorieansätzen bildete einen ersten Schwerpunkt der Arbeiten im
Jahr 2009. Ein zweiter war die Aufarbeitung des Materials zu einem der beiden
großen Befundkomplexe, den Palastanlagen, in umfangreichen Dossiers zu Gra-
bungsbefunden und Literaturstand; der andere Hauptquellenkomplex, die Ritual-
plätze, folgt 2010. NoachVander Beken hat seine Arbeit 2009 auf zwei internationa-
len Kongressen in England dem Fachpublikum vorgestellt; die Vorträge erscheinen
als Aufsätze in den Kongressakten. Auch in einem weiteren Interessengebiet, der
Archäologie des römischen Granada (Iliberis), hat sich Noach Vander Beken in
einem demnächst erscheinenden Aufsatz mit der sozialen Konstruktion urbaner
Räumen beschäftigt.
Arbeitsgebiet 2: Rom. Peter Eich hat im Jahr 2009 an mehreren Untersuchungen zu
Raumordnung und Raumkonzeptionen des römischen Reiches gearbeitet. Eine
vergleichende Studie zu Han-China und dem Imperium Romanum konnte zeigen,
dass die unterschiedlich starke staatliche Durchdringung dieser Gesellschaften
wesentlich auf verschiedenen Raumauffassungen beruht, die sich vor allem in unter-
schiedlichen Konzeptionen von Städten und deren normativem Status widerspie-
geln. In einem weiteren Beitrag geht es unter anderem um die Frage, wer wann das
Recht hatte, sakrale Räume einzuhegen und von Andersgläubigen die Beachtung
solcher Regelungen einzufordern. Ein Artikel zu normativen Raumordnungen in
der Stadt Rom in der Kaiserzeit schließlich ist im Entstehen. Eine Brücke zu den
Projekten in Arbeitsgebiet 1 stellt überdies Eichs Habilitationsschrift über die Wahr-
nehmung früher griechischer Götterdarstellungen dar, deren Überarbeitung für die
Drucklegung 2009 größeren Teils abgeschlossen wurde. Sie enthält unter anderem
eine ausführliche kritische Auseinandersetzung mit der vor allem durch Francois de
Polignac propagierten These, dass die Entstehung territorialer Raumordnungen im
beginnenden Archaikum wesentlich mit Kultaktivität Zusammenhänge. Nach den
Ergebnissen Eichs sind die Chronologien und Erklärungen dieser These grundsätz-
lich zu revidieren.
Vor allem in der republikanischen römischen Geschichte angesiedelt ist das
Hauptprojekt in diesem Arbeitsgebiet, das Habilitationsvorhaben von John N. Dillon.
Am Beispiel der Konzeptionalisierung nicht-römischer sakraler Räume durch die
Römer geht das Projekt der Frage nach, wie Raumvorstellungen sich durch die
Konfrontation mit fremden Kulturkreisen formen und verändern. Grundlage dieser
Studie wird die umfassende Aufarbeitung der vor allem in literarischen Quellen — in
der Historiographie, aber auch in Ciceros Verrinen und anderen Reden, die sich im
Zuge der Arbeiten 2009 als eine der reichsten Dokumentationen erwiesen haben -
belegten Fälle sein, wie Römer mit sakralen Raumkonzepten praktisch umgingen.
Dies wird durch epigraphische Zeugnisse und, soweit möglich, durch den archäolo-
gischen Befund ergänzt werden. Ziel ist es dabei, aus dem teilweise sehr wider-
sprüchlichen BefundVerhaltensmuster abzuleiten, und so auf die zugrundeliegenden
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Beantwortung dieser Fragen - etwa durch die Analyse von Sichtbezügen, Räumen
für Performanz oder Grenzziehungen im Kontext architektonischer Gestaltung und
natürlicher Gegebenheiten — in Auseinandersetzung mit anthropologischen und
soziologischen Theorieansätzen bildete einen ersten Schwerpunkt der Arbeiten im
Jahr 2009. Ein zweiter war die Aufarbeitung des Materials zu einem der beiden
großen Befundkomplexe, den Palastanlagen, in umfangreichen Dossiers zu Gra-
bungsbefunden und Literaturstand; der andere Hauptquellenkomplex, die Ritual-
plätze, folgt 2010. NoachVander Beken hat seine Arbeit 2009 auf zwei internationa-
len Kongressen in England dem Fachpublikum vorgestellt; die Vorträge erscheinen
als Aufsätze in den Kongressakten. Auch in einem weiteren Interessengebiet, der
Archäologie des römischen Granada (Iliberis), hat sich Noach Vander Beken in
einem demnächst erscheinenden Aufsatz mit der sozialen Konstruktion urbaner
Räumen beschäftigt.
Arbeitsgebiet 2: Rom. Peter Eich hat im Jahr 2009 an mehreren Untersuchungen zu
Raumordnung und Raumkonzeptionen des römischen Reiches gearbeitet. Eine
vergleichende Studie zu Han-China und dem Imperium Romanum konnte zeigen,
dass die unterschiedlich starke staatliche Durchdringung dieser Gesellschaften
wesentlich auf verschiedenen Raumauffassungen beruht, die sich vor allem in unter-
schiedlichen Konzeptionen von Städten und deren normativem Status widerspie-
geln. In einem weiteren Beitrag geht es unter anderem um die Frage, wer wann das
Recht hatte, sakrale Räume einzuhegen und von Andersgläubigen die Beachtung
solcher Regelungen einzufordern. Ein Artikel zu normativen Raumordnungen in
der Stadt Rom in der Kaiserzeit schließlich ist im Entstehen. Eine Brücke zu den
Projekten in Arbeitsgebiet 1 stellt überdies Eichs Habilitationsschrift über die Wahr-
nehmung früher griechischer Götterdarstellungen dar, deren Überarbeitung für die
Drucklegung 2009 größeren Teils abgeschlossen wurde. Sie enthält unter anderem
eine ausführliche kritische Auseinandersetzung mit der vor allem durch Francois de
Polignac propagierten These, dass die Entstehung territorialer Raumordnungen im
beginnenden Archaikum wesentlich mit Kultaktivität Zusammenhänge. Nach den
Ergebnissen Eichs sind die Chronologien und Erklärungen dieser These grundsätz-
lich zu revidieren.
Vor allem in der republikanischen römischen Geschichte angesiedelt ist das
Hauptprojekt in diesem Arbeitsgebiet, das Habilitationsvorhaben von John N. Dillon.
Am Beispiel der Konzeptionalisierung nicht-römischer sakraler Räume durch die
Römer geht das Projekt der Frage nach, wie Raumvorstellungen sich durch die
Konfrontation mit fremden Kulturkreisen formen und verändern. Grundlage dieser
Studie wird die umfassende Aufarbeitung der vor allem in literarischen Quellen — in
der Historiographie, aber auch in Ciceros Verrinen und anderen Reden, die sich im
Zuge der Arbeiten 2009 als eine der reichsten Dokumentationen erwiesen haben -
belegten Fälle sein, wie Römer mit sakralen Raumkonzepten praktisch umgingen.
Dies wird durch epigraphische Zeugnisse und, soweit möglich, durch den archäolo-
gischen Befund ergänzt werden. Ziel ist es dabei, aus dem teilweise sehr wider-
sprüchlichen BefundVerhaltensmuster abzuleiten, und so auf die zugrundeliegenden