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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Raumkonzeptionen und ihre Veränderungen zu schließen. John Dillon hat im Jahr
2009 ein großes Dossier literarischer Quellen aufgebaut, die 2010 um die archäolo-
gischen und epigraphischen erweitert werden. Zudem ist ein erstes, den Grundstein
der Untersuchung legendes Kapitel im Entstehen, das den Begriff des Sakralen im
römischen Kult herausarbeiten und mit griechichen Konzeptionen konfrontieren
wird.
Arbeitsgebiet 3: Alter Orient. Claus Ambos beschäftigte sich im Zuge der Arbeit im
WIN-Kolieg mit der ideologischen Strukturierung des Raumes im Alten Orient am
Beispiel von Ritualen, die der Herrschaftslegitimation der babylonischen
Könige dienten. So lassen sich bei der Untersuchung von Ritualen der Herrschafts-
legitimation im Rahmen des herbstlichen Neujahrsfestes komplexe räumliche
Bewegungsmuster in einem Netzwerk von architektonisch dauerhaft gestalteten und
temporären Orten der Herrschaft feststellen: Der König zieht aus seinem Palast in
der Stadt in ein „Gefängnis” aus Rohr in der Steppe und durchlebt so eine vor-
übergehende Statusumkehr. Am Morgen jedoch kehrt er wieder in seinen Palast
zurück, begibt sich dann in die Götterversammlung im Tempel des Hauptgottes
Marduk, zieht mit den Göttern in feierlicher Prozession aus der Stadt in das Neu-
jahrsfesthaus in der Steppe und kehrt nach wenigen Tagen mit den Göttern wieder
in die Stadt zurück. Besonderes Interesse kommt dem Gefängnis aus Rohr selbst zu.
Durch seine Architektur ebenso wie durch die in ihm ausgeführten Handlungen
nimmt es Bezug auf die kosmische Geographie, wie sie von den Babyloniern reli-
giös und ideologisch ausgedeutet wurde. Zugleich liefert diese Installation Hinwei-
se für die Interpretation dauerhafter Herrschaftsarchitektur, da so unterschiedliche
Gebäude wie Paläste, Thronsäle und eben das Rohrgefängnis in der Steppe nach
gleichartigen Prinzipien angelegt waren. Die Untersuchungen sind Teil von Claus
Ambos’ Habilitationsschrift zu Mechanismen der Legitimation des babylonischen
Herrschers im 1 .Jahrtausend v. Chr., die Ende 2009 angenommen wurde. Im selben
Zusammenhang entstanden im Jahr 2009 ein weiterer einschlägiger Aufsatz und
Vorträge.
Das Anfang Juni 2009 als letztes Teilprojekt angelaufene Habilitationsvorhaben
von Camille Lecompte beschäftigt sich mit den Territorien der „klassischen“ sume-
rischen Städte vom vierten bis zum Ende des dritten Jhtsd. v.Chr. Die Studie zielt
darauf, Struktur und Charakter dieser frühen Formen territorialer Herrschaft, die
bislang nur sehr partiell erforscht sind, möglichst umfassend zu erfassen, von der
Grenzmarkierung und -konzeption über die Verwaltung, die Wirtschaftsstruktur und
den rechtlichen Status der unterschiedlichen Gruppen von Untertanen bis zur
Strukturierung des Raums durch die Ausdifferenzierung von heiligem und profa-
nem Land. Camille Lecompte hat dazu eine Datenbank angelegt, in der die vielen
Hunderte meist sehr kleinteiliger Quellen, v. a. Tontäfelchen, aber auch längere
Inschriften, aufgenommen und mit der zugehörigen Literatur verlinkt werden. Diese
Grundlagenarbeit wird im Jahr 2010 noch fortgesetzt werden. Dabei zeichnen sich
schon jetzt in einigen Bereichen substantielle Fortschritte gegenüber dem bisherigen
Kenntnisstand der Forschung ab, beispielsweise in Bezug auf die Verwaltungshierar-
FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES
Raumkonzeptionen und ihre Veränderungen zu schließen. John Dillon hat im Jahr
2009 ein großes Dossier literarischer Quellen aufgebaut, die 2010 um die archäolo-
gischen und epigraphischen erweitert werden. Zudem ist ein erstes, den Grundstein
der Untersuchung legendes Kapitel im Entstehen, das den Begriff des Sakralen im
römischen Kult herausarbeiten und mit griechichen Konzeptionen konfrontieren
wird.
Arbeitsgebiet 3: Alter Orient. Claus Ambos beschäftigte sich im Zuge der Arbeit im
WIN-Kolieg mit der ideologischen Strukturierung des Raumes im Alten Orient am
Beispiel von Ritualen, die der Herrschaftslegitimation der babylonischen
Könige dienten. So lassen sich bei der Untersuchung von Ritualen der Herrschafts-
legitimation im Rahmen des herbstlichen Neujahrsfestes komplexe räumliche
Bewegungsmuster in einem Netzwerk von architektonisch dauerhaft gestalteten und
temporären Orten der Herrschaft feststellen: Der König zieht aus seinem Palast in
der Stadt in ein „Gefängnis” aus Rohr in der Steppe und durchlebt so eine vor-
übergehende Statusumkehr. Am Morgen jedoch kehrt er wieder in seinen Palast
zurück, begibt sich dann in die Götterversammlung im Tempel des Hauptgottes
Marduk, zieht mit den Göttern in feierlicher Prozession aus der Stadt in das Neu-
jahrsfesthaus in der Steppe und kehrt nach wenigen Tagen mit den Göttern wieder
in die Stadt zurück. Besonderes Interesse kommt dem Gefängnis aus Rohr selbst zu.
Durch seine Architektur ebenso wie durch die in ihm ausgeführten Handlungen
nimmt es Bezug auf die kosmische Geographie, wie sie von den Babyloniern reli-
giös und ideologisch ausgedeutet wurde. Zugleich liefert diese Installation Hinwei-
se für die Interpretation dauerhafter Herrschaftsarchitektur, da so unterschiedliche
Gebäude wie Paläste, Thronsäle und eben das Rohrgefängnis in der Steppe nach
gleichartigen Prinzipien angelegt waren. Die Untersuchungen sind Teil von Claus
Ambos’ Habilitationsschrift zu Mechanismen der Legitimation des babylonischen
Herrschers im 1 .Jahrtausend v. Chr., die Ende 2009 angenommen wurde. Im selben
Zusammenhang entstanden im Jahr 2009 ein weiterer einschlägiger Aufsatz und
Vorträge.
Das Anfang Juni 2009 als letztes Teilprojekt angelaufene Habilitationsvorhaben
von Camille Lecompte beschäftigt sich mit den Territorien der „klassischen“ sume-
rischen Städte vom vierten bis zum Ende des dritten Jhtsd. v.Chr. Die Studie zielt
darauf, Struktur und Charakter dieser frühen Formen territorialer Herrschaft, die
bislang nur sehr partiell erforscht sind, möglichst umfassend zu erfassen, von der
Grenzmarkierung und -konzeption über die Verwaltung, die Wirtschaftsstruktur und
den rechtlichen Status der unterschiedlichen Gruppen von Untertanen bis zur
Strukturierung des Raums durch die Ausdifferenzierung von heiligem und profa-
nem Land. Camille Lecompte hat dazu eine Datenbank angelegt, in der die vielen
Hunderte meist sehr kleinteiliger Quellen, v. a. Tontäfelchen, aber auch längere
Inschriften, aufgenommen und mit der zugehörigen Literatur verlinkt werden. Diese
Grundlagenarbeit wird im Jahr 2010 noch fortgesetzt werden. Dabei zeichnen sich
schon jetzt in einigen Bereichen substantielle Fortschritte gegenüber dem bisherigen
Kenntnisstand der Forschung ab, beispielsweise in Bezug auf die Verwaltungshierar-