6. April 2009
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Der Stiftungsbrief der „Kurfürstlich Brandenburgischen Sozietät der Wissen-
schaften“, deren erster Präsident der in Hannover wohnende Leibniz wurde, verband
Theorie und Praxis in der Weise, dass die neue Einrichtung tätig werden sollte „zur
Beförderung der Ehre Gottes, Ausbreitung dessen Wahrheit und Cultivirung aller-
hand Tu-genden und dem Gemeinen Wesen nützlichen Übungen“. Wie in Frank-
reich wurde der Berliner Akademie bei ihrer Gründung 1700 auch eine national-
patriotische Aufgabe übertragen: Erhaltung und Reinigung der deutschen Sprache
sowie Pflege der deutschen und brandenburgischen Geschichte. Der Kurfürst über-
nahm das Protektorat der Sozietät.
Eine charakteristische Abwandlung erfuhr der Akademiegedanke 1751 bei der
Gründung der „Göttinger Gelehrten Gesellschaft“. Albrecht von Haller entwickelte
für sie, Vorstellungen Christian Wolffs aufgreifend, das Konzept einer engen Verbin-
dung mit der ebenfalls erst kurz zuvor gegründeten Universität. Die Akademie
wurde als Ergänzung der Universität verstanden: Hatte diese die Aufgabe einer Lehr-
anstalt, so jene die einer Forschungsanstalt zur Erweiterung der Wissenschaft. Das
Ganze stand für Haller aber unter strikt utilitaristischen Vorgaben: Wissenschafts-
disziplinen, die mehr auf Sammlung und Interpretation orientiert waren „und der
Erfindung selten fähig“ sind, waren nicht akademiewürdig. Die Universität diente
der Jugend und durch die Lehre allein erhielt die Wissenschaft „keinen Zuwachs“.
Dagegen diente die Akademie dem Erfinden — „ein Academiste muß erfinden und
verbessern oder seine Blöße unvermeidlich verraten“. Nachdem allerdings Haller
in die Schweiz zurückgekehrt war, verstärkte sich in der Göttinger Akademie das
von ihm eher geringgeschätzte philologisch-altertumswissenschaftliche Element
beträchtlich.
Von vornherein gleichberechtigt waren die „philosophisch-mathematischen
Wissenschaften“ dagegen bei den Akademiegründungen in München und Mann-
heim 1759 und 1763. Da die Heidelberger Akademie der Wissenschaften sich gern
als Fortsetzung der Mannheimer verstand und versteht, sei kurz auf die Geschichte
der „Academia Electoralis Scientiarum et Elegantiarum Literarum Theodoro-Palati-
na“ eingegangen. Kurfürst Karl Theodor verzichtete von vornherein auf den Leib-
nizschen Universalismus, insofern er die Aufgaben seiner Akademie auf Regionalas-
pekte konzentrierte: Geschichte der Dynastie und der Kurpfalz sowie Erforschung
der Natur des Landes. Besonderes Ansehen gewannen der Mannheimer Akademie
allerdings ihre meteorologisch-astronomischen Forschungen — für sie wurde eine
eigene Klasse eingerichtet, der auch ein Observatorium zur Verfügung stand. Die
zehn Mitglieder der Akademie bezogen ein Gehalt und trafen sich wöchentlich zu
einer Sitzung im kurfürstlichen Schloß. Sie konnten die Bibliothek und die kur-
fürstlichen Sammlungen nutzen, gehörten überhaupt - wie in Berlin und München
- zum Decorum des absolutistischen Hofes. Nur zwei der Mitglieder waren Heidel-
berger Professoren, die übrigen entstammten Hofkreisen (Leibärzte, Historiograph,
Bibliothekar, gelehrte Räte). Um die Wissenschaftsfreiheit zu garantieren, waren
Jesuiten (nicht aber Weltpriester) von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. So wurde
der berühmte Astronom Christian Mayer erst nach Auflösung des Jesuitenordens in
die Mannheimer Akademie aufgenommen.
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Der Stiftungsbrief der „Kurfürstlich Brandenburgischen Sozietät der Wissen-
schaften“, deren erster Präsident der in Hannover wohnende Leibniz wurde, verband
Theorie und Praxis in der Weise, dass die neue Einrichtung tätig werden sollte „zur
Beförderung der Ehre Gottes, Ausbreitung dessen Wahrheit und Cultivirung aller-
hand Tu-genden und dem Gemeinen Wesen nützlichen Übungen“. Wie in Frank-
reich wurde der Berliner Akademie bei ihrer Gründung 1700 auch eine national-
patriotische Aufgabe übertragen: Erhaltung und Reinigung der deutschen Sprache
sowie Pflege der deutschen und brandenburgischen Geschichte. Der Kurfürst über-
nahm das Protektorat der Sozietät.
Eine charakteristische Abwandlung erfuhr der Akademiegedanke 1751 bei der
Gründung der „Göttinger Gelehrten Gesellschaft“. Albrecht von Haller entwickelte
für sie, Vorstellungen Christian Wolffs aufgreifend, das Konzept einer engen Verbin-
dung mit der ebenfalls erst kurz zuvor gegründeten Universität. Die Akademie
wurde als Ergänzung der Universität verstanden: Hatte diese die Aufgabe einer Lehr-
anstalt, so jene die einer Forschungsanstalt zur Erweiterung der Wissenschaft. Das
Ganze stand für Haller aber unter strikt utilitaristischen Vorgaben: Wissenschafts-
disziplinen, die mehr auf Sammlung und Interpretation orientiert waren „und der
Erfindung selten fähig“ sind, waren nicht akademiewürdig. Die Universität diente
der Jugend und durch die Lehre allein erhielt die Wissenschaft „keinen Zuwachs“.
Dagegen diente die Akademie dem Erfinden — „ein Academiste muß erfinden und
verbessern oder seine Blöße unvermeidlich verraten“. Nachdem allerdings Haller
in die Schweiz zurückgekehrt war, verstärkte sich in der Göttinger Akademie das
von ihm eher geringgeschätzte philologisch-altertumswissenschaftliche Element
beträchtlich.
Von vornherein gleichberechtigt waren die „philosophisch-mathematischen
Wissenschaften“ dagegen bei den Akademiegründungen in München und Mann-
heim 1759 und 1763. Da die Heidelberger Akademie der Wissenschaften sich gern
als Fortsetzung der Mannheimer verstand und versteht, sei kurz auf die Geschichte
der „Academia Electoralis Scientiarum et Elegantiarum Literarum Theodoro-Palati-
na“ eingegangen. Kurfürst Karl Theodor verzichtete von vornherein auf den Leib-
nizschen Universalismus, insofern er die Aufgaben seiner Akademie auf Regionalas-
pekte konzentrierte: Geschichte der Dynastie und der Kurpfalz sowie Erforschung
der Natur des Landes. Besonderes Ansehen gewannen der Mannheimer Akademie
allerdings ihre meteorologisch-astronomischen Forschungen — für sie wurde eine
eigene Klasse eingerichtet, der auch ein Observatorium zur Verfügung stand. Die
zehn Mitglieder der Akademie bezogen ein Gehalt und trafen sich wöchentlich zu
einer Sitzung im kurfürstlichen Schloß. Sie konnten die Bibliothek und die kur-
fürstlichen Sammlungen nutzen, gehörten überhaupt - wie in Berlin und München
- zum Decorum des absolutistischen Hofes. Nur zwei der Mitglieder waren Heidel-
berger Professoren, die übrigen entstammten Hofkreisen (Leibärzte, Historiograph,
Bibliothekar, gelehrte Räte). Um die Wissenschaftsfreiheit zu garantieren, waren
Jesuiten (nicht aber Weltpriester) von der Mitgliedschaft ausgeschlossen. So wurde
der berühmte Astronom Christian Mayer erst nach Auflösung des Jesuitenordens in
die Mannheimer Akademie aufgenommen.