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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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3. Forschungsschwerpunkt „Der menschliche Lebenszyklus – Biologische, gesellschaftliche, kulturelle Aspekte“
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Der Mensch ist so alt wie seine Stammzellen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0326
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

gisch einen sinnvollen und determinierten Prozess darstellt. Bisher sind die genauen
Regulationsmechanismen des Alterungsprozesses nicht bekannt. Es gibt jedoch
zunehmend Hinweise, dass insbesondere Veränderungen in den körpereigenen, adul-
ten Stammzellen den Alterungsprozess hervorrufen1-2. Deshalb ist es das unmittelbare
Ziel unseres Projektes, altersbedingte Veränderungen in hämatopoetischen Stamm-
zellen (HSC) und mesenchymalen Stammzellen (MSC) auf molekularer Ebene auf-
zuklären und anhand von mathematischen Modellen nachzuvollziehen.
1. Hintergrund
1.1. Hämatopoetische und Mesenchymale Stammzellen
Hämatopoetischen Blutstammzellen (HSC) bilden den Ausgangpunkt der humanen
Blutbildung im Knochenmark. Sie gewährleisten ein Leben lang Nachschub aller
Zelltypen des Blutes. Doch auch die Hämatopoese wird von Alterungsvorgängen
erfasst, was sich einerseits in einer zunehmendenVerfettung des Knochenmarks und
anderseits in altersbedingten Anämien, Gerinnungsstörungen und Abnahme der
Immunfunktion widerspiegelt3-4. Untersuchungen am Mausmodell haben zudem
gezeigt, dass sich auch die Genexpressionsmuster von HSC im Laufe des Lebens ver-
ändern3. Aus diesem Grund erörtern wir im Rahmen unseres Projektes die These,
dass sich auch humane HSC von unterschiedlich alten Spendern hinsichtlich ihrer
globalen Genexpression und DNA-Methylierung unterscheiden.
Mesenchymale Stammzellen (MSC) repräsentieren eine weitere Population
von multipotenten adulten Stammzellen, die hohe Erwartungen in der regenerativen
Medizin wecken. Unter geeigneten Bedingungen können MSC in Knochen-,
Knorpel-, Fett- und Muskel-Zellen differenzieren6,7. Im Gegensatz zu HSC können
MSC auch in vitro kultiviert und expandiert werden8. Im Laufe von etwa 7 bis 15
Zellpassagen verlangsamt sich dabei jedoch die Proliferation. Schließlich treten die
Zellen in em seneszentes Stadium em, was zum Proliferationsstop und schließlich
zum Zelltod fuhrt. Die molekularen Mechanismen dieses Phänomens sind bis heute
nicht eindeutig aufgeklärt, doch wird ein Zusammenhang mit der Alterung des
Gesamtorganismus diskutiert9.
1.2. Mathematische Modellierung von Stammzellprozessen
Biologische Vorgänge wie z. B. Zellmigration, Zellzyklus, symmetrische und asym-
metrische Zellteilung und deren Veränderungen lassen sich mit Hilfe mathematischer
Methoden und Computersimulationen beschreiben. Diese Herangehensweise ver-
folgt zwei Ziele: Einerseits ermöglicht sie die Integration und Interpretation von
Daten, die zur Bearbeitung biologischer Hypothesen und zur Entwicklung von
Experimenten nötig sind. Andererseits bieten mathematische Modelle und deren
Simulation die Möglichkeit, das Verhalten der untersuchten biologischen Prozesse
vorherzusagen und zu extrapolieren, wie sich em System unter anderen Bedingun-
gen verhält. Diese interaktive und iterative Verknüpfung von Modell und Experi-
ment nutzen wir, um wesentliche Mechanismen der Alterungsprozesse und der
Regenration und Selbstorganisation von Stammzellsystemen herauszuarbeiten.
 
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