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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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III. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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B. Das WIN-Kolleg
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4. Forschungsschwerpunkt
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Raumordnung, Norm und Recht in historischen Kulturen Europas und Asiens
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0339
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FÖRDERUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN NACHWUCHSES

stellte Attika damit ein anschauliches Symbol bereit, das jedem Athener vertraut und
entschlüsselbar war. Eine ähnliche Fragestellung verfolgte der Vortrag von Gebhard
Selz (Wien), der zeigte, wie mesopotamische Stadtstaaten in der politisch instabilen
Phase des mittleren dritten Jahrtausends v. Chr. raumbezogene Semantiken nutzten,
um Zugehörigkeit zu erzeugen. Dabei spielten binäre Topologien wie Drinnen und
Draußen, ihre Semantiken (etwa „rein“-„unrein“) und ihre lebensweltlichen Ver-
ortungen (Flussland, Bergland etc.) eine bedeutende Rolle. Niederschlag fanden sie
in Mythen, Riten — v. a. Prozessionen —, der Situierung von Heiligtümern und Prak-
tiken wie etwa der räumlichen Separierung Unreiner. Wieder ist dabei die Erzeu-
gung der Ordnung von solchen Raumkonzepten und -praktiken nicht zu trennen.
Diese gemeinschaftsstiftende Funktion von Raumimaginationen waren auch
das Thema der beiden anderen Vorträge der ersten Sektion. Irene Polinskaja (King’s
College London) zeigte am Beispiel überregionaler griechischer Heiligtümer der
archaischen und klassischen Zeit, wie durch Mythen und Kultpraktiken imaginäre
Räume geschaffen wurden, die über politische und geographische Grenzen hinweg
Kultgemeinschaften und „Territories of Grace“ stifteten. Auf vergleichbare Phäno-
mene jenseits der Alten Welt wies Christoph Bergmann (Heidelberg) hin. Er stellte
ein Element des Totenritus bei den Bhotiyas im indischen Kumaon-Himalaya vor,
das in einer imaginären Reise der Seele des Verstorbenen durch dessen Heimattal
besteht. Der vielstündige, altüberlieferte Gesang, der diese Reise schildert, baut stark
auf die Imagination der Orte, den die Seele besucht, und auf das Nacherleben die-
ser Reise bei den Zuhörern. Dabei geht es aber nicht nur um eine Repräsentation;
das Nacherleben im Gesang ist vielmehr zugleich das Vehikel, durch das die Seele des
Verstorbenen in eine Gottheit transformiert wird. Auch hier also ist die räumliche
Repräsentation weit mehr als nur eine Abbildung soziokultureller Konzepte.
Die Vorträge der zweiten Sektion „Raum und politische Ordnung“ kreisten
alle um die Frage, wie politische Ordnung sich im menschlichen Lebensraum in
konkreten räumlichen Arrangements, nämlich in Architektur niederschlug, und so
zugleich stabilisiert wurde. Zwei direkt vergleichbare Beispiele präsentierten die Vor-
träge von NoachVander Beken (Mitarbeiter im WIN-Projekt) zu den minoischen
und Ulrich Thaler (München) zu den mykenischen Palästen. Beide Vorträge argu-
mentierten, dass die monumentale Architektur dieser Anlagen wesentlich darauf
ausgerichtet war, als Kulisse für Rituale zu dienen, in denen Herrschaft und/oder
soziale Hierarchien performativ inszeniert wurden. Dies geschah etwa durch die auf-
wendige Ausgestaltung der Wege ins Innerste dieser Anlagen - das Megaron der
mykenischen und der Westhof minoischer Paläste — durch eine Flucht von Räumen,
die u.a. stark mit visuellen Effekten und bildlichem Schmuck arbeitete und offenbar
für Prozessionen und ähnliche Rituale diente. Die langsame Annäherung an das
Zentrum der Anlagen, die von Raum zu Raum offenbar zunehmende Exklusivie-
rung des Zugangs und andere Funktionen der Architektur dienten so nicht nur der
Inszenierung sozialer Hierarchien, sondern wirkten zugleich aktiv auf ihre Herstel-
lung im performativen Akt.
Von den Palastanlagen lenkten die beiden anderen Vorträge der Sektion den
Blick auf städtische Räume und die bei ihrer Ausformung wirksamen politischen
 
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