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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

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I. Das Geschäftsjahr 2012
DOI Artikel:
Schleich, Wolfgang: Das Prinzip der Komplementarität in der Quantenphysik
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https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0078
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26. Oktober 2012 | 97

Eng verknüpft mit dieser Vorstellung über die mikroskopische Welt ist die von
Werner Heisenberg 1927 entwickelte Unschärfebeziehung [15]. Diese besagt, dass
Ort und Impuls eines Teilchens nicht simultan scharf bestimmt werden können. Hei-
senberg schreibt:
„In dem Moment, in dem der Ort des Elektrons bekannt ist, kann daher sein Impuls
nur bis au f Größen, die jener unstetigen Änderung entsprechen, bekannt sein; also je
genauer der Ort bestimmt ist, desto ungenauer ist der Impuls bekannt und umge-
kehrt; “
Diese Arbeit entstand, während Heisenberg Assistent von Niels Bohr in Kopenhagen
war. Nachdem Bohr von seinem Winterurlaub in Norwegen zurückgekehrt war,
erfuhr er, dass Heisenberg den Artikel ohne seine Einwilligung eingereicht hatte und
war darüber sehr ungehalten. Deshalb setzte Heisenberg bei der Korrektur folgen-
den Nachtrag:
„Nach Abschluß der vorliegenden Arbeit haben neuere Untersuchungen von Bohr zu
Gesichtspunkten geführt, die eine wesentliche Vertiefung und Verfeinerung der in die-
ser Arbeit versuchten Analyse der quantenmechanischen Zusammenhänge zulassen.
... Dafür, daß ich die genannten neueren Untersuchungen Bohrs, die in einer Arbeit
über den begrifflichen Aufbau der Quantentheorie bald erscheinen werden, im Ent-
stehen kennenlernen und diskutieren durfte, bin ich Herrn Prof. Bohr zu herzlichem
Danke verpflichtet. “
Die von Heisenberg angekündigte Arbeit [16] von Bohr erschien erst ein Jahr spä-
ter und benutzte zum erstenmal den Begriff der Komplementarität. In dem für ihn
typischen Stil schreibt Bohr:
„ The very nature of the quantum theory thus forces us to regard the space-time
co-ordination and the claim of causality, the Union of which characterises the classical
theories, as complementary but exclusive features of the description, symbolising the
idealisation of observation and defmition respectively. “
Und später in dem Artikel bemerkt er:
„ ... the measurement of the positional Coordinates of a particle is accompanied not
oiily by a finite chatige in the dynamical variables, but also thefixation of its position
means a complete rupture in the causal description of its dynamical behaviour, while
the determination of its momentum always implies a gap in the knowledge of its spa-
tial propagation. Just this Situation brings out most strikingly the complementary
character of the description of atomic phenomena which appears as an inevifable con-
sequence of the contrast between the quantum postulate and the distinction between
object and agency of measurement, inherent in our very idea of observation. “
Ort und Impuls, oder Welle und Teilchen sind komplementäre Eigenschaften im
Sinne von Bohr und deren gleichzeitige Messung ist nicht möglich. Das Prinzip der
Komplementarität wird oft auf das Young sehe Doppelspalt-Experiment angewendet.
Es besagt, dass die Information, durch welchen Spalt das Photon gelaufen ist, dessen
Interferenz auslöscht. Auf der berühmten Solvey-Tagung von 1927 in Brüssel wurde
eine intensive Diskussion [9] zwischen Bohr und Einstein geführt, die mehrere Jahr-
zehnte anhalten sollte, und die sich auf die Frage konzentrierte, ob man nicht doch
 
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