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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

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A. Das akademische Jahr 2016
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III. Veranstaltungen
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Strohm, Christoph: Zum Ertrag der Edition der Deutschen Schriften Martin Bucer: Abschlusskolloquium der Forschungsstelle „Martin Bucers Deutsche Schriften“ am 7. und 8. April 2016
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0077
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Kolloquium „Zum Ertrag der Edition der Deutschen Schriften Martin Bucers'

sind, als hinderlich. Zudem wurde die Menge des Materials und der Umfang des
reformatorischen Wirkens Bucers erst im Verlauf der Arbeiten richtig deutlich, so
dass sich das zu edierende Material vervielfacht hat.
Ein wesentlicher Ertrag der Edition der Deutschen Schriften Bucers wurde
in dem öffentlichen Abendvortrag Christoph Strohms vorgestellt: die überragende
Bedeutung des Straßburger Reformators für die Reformation im Südwesten des
Reichs. Bucer spielte eine Schlüsselrolle bei der Einführung und Ausgestaltung
der Reformation in den wichtigen Territorien und Reichsstädten im Südwesten
des Reiches, nicht nur in dem Oberzentrum Straßburg, sondern auch in den an-
deren beiden großen Reichsstädten des Südwestens, Ulm und Augsburg. Zu-
sammen mit dem durch die Erlanger Forschungsstelle edierten Briefwechsel der
1530er Jahre tritt nun das unermüdliche Bemühen des Straßburger Reformators
eindrücklich vor Augen. Im Südwesten hat Bucer die thematischen Schwerpunkt-
setzungen seines reformatorischen Werkes entwickelt und entfaltet. So entstehen
hier wichtige Texte über den Umgang mit dem Kirchengut, ein thematisches Feld,
auf dem kein zweiter Reformator so umfangreich und profiliert argumentiert hat
wie Bucer. In den bedrängenden Auseinandersetzungen um die Gestalt der Refor-
mation in Augsburg entfaltet Bucer zum ersten Mal seinen Überlegungen zu einer
recht weitgehenden Verantwortung der weltlichen Obrigkeit in Religionsangele-
genheiten. In Württemberg kam es nach der Einführung der Reformation im Jahr
1534 so früh wie kaum anderswo zur Notwendigkeit, die von Süden einströmen-
den zürcherisch-zwinglianischen Vorstellungen mit den ebenfalls vorhandenen
wittenbergisch-lutherischen Einflüssen zu vereinbaren. Bucer hat unermüdlich
für die Durchsetzung der 1534 erreichten Württemberger Konkordie gekämpft
und daraus dann auch die folgenreiche Wittenberger Konkordie 1536 entwickelt.
Kein Geringerer als Johannes Calvin hat Vieles davon aufgenommen, weiterentwi-
ckelt und zu weltgeschichtlicher Wirkung gebracht.
Stephen Buckwalter zeichnete ein Profil der Theologie des Reformators
Bucer, wie es sich aus den in den vergangenen zwanzig Jahren edierten Deut-
schen Schriften ergibt. Er trat keineswegs nur vermittelnd auf, sondern konnte -
zum Beispiel gegenüber den Täufern und Spiritualisten in Straßburg - durchaus
auch klare Abgrenzungen vollziehen. Bucers Theologie eignet eine eigentüm-
lich Spannung zwischen einem an Gesetzlichkeit grenzenden Biblizismus und
einem seelsorgerlichen Pragmatismus, der stets danach fragt, was den Glauben
und die Liebe fördert. Eine von Augustin stammende strikte Trennung zwischen
göttlichem Gnadenwirken und kirchlicher Heilsvermittlung kennzeichnet seine
Ekklesiologie.
Vielfach überschneidet sich die Edition der Deutschen Schriften mit der des
Briefwechsels, so dass auch ein Blick in die Korrespondenz geworfen werden soll-
te. Die langjährigen Mitarbeiter der Forschungsstelle zur Edition des Briefwech-
sels Martin Bucers an der Universität Erlangen, Wolfgang Simon und Reinhold

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