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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
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Jürgens, Gerd: Antrittsrede vom 30. Januar 2016
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0283
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D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

jekt der Gruppe beitragen). Ich hatte allerdings schon in Freiburg über ein neu-
es Projekt nachgedacht, das ich bearbeiten wollte, wenn der Drosophila-„Hype“
vermutlich bald vorüber wäre. Ich wollte mit Pflanzen arbeiten; davon hatte ich
überhaupt keine Ahnung, im Studium habe ich um Pflanzen einen großen Bogen
gemacht (außer mal aus Spinat Chloroplasten oder irgendein Enzym zu isolieren).
Ich hatte überlegt, an der damals völlig unbekannten Blütenpflanze Arabidopsis
thaliana die Embryonalentwicklung genetisch zu untersuchen. Ich hatte Reviews
über Arabidopsis gelesen. Es waren schon Mutanten erzeugt worden, es gab eine
rudimentäre Genkarte und die Embryonalentwicklung war beschrieben. Es war
verlockend, weil der Ausgang eines solchen Projekts völlig ungewiss war. Jeden-
falls habe ich Janni und Eric bei meiner Ankunft am EMBL davon erzählt. Eric
sagte nur „Ara what?“ und Janni „was not amused“. Dennoch war ihr klar, dass ich
es ernst meinte, obwohl ich mich mit Eifer in die Drosophila-Arbeit stürzte. Als sie
mir dann die Stelle in ihrer Tübinger Nachwuchsgruppe anbot, machte sie klar,
ich könne eigene Projekte verfolgen, aber „das Grünzeug kommt mir nicht ins
Haus“. Das war ein Deal. Immerhin gab es noch genügend Arbeit bei Drosophila,
ich hatte die Geschwindigkeit des Fortschritts überschätzt.
In der ersten Hälfte der 1980er Jahre war Arabidopsis etwas für Esoteriker - es
gab weltweit weniger als ein dutzend Labors mit noch nicht mal 30 Leuten, die an
Arabidopsis arbeiteten. Entstanden war die Arabidopsis-borschung in Deutschland
vor etwa 100 Jahren, sie war aber nie allgemein zur Kenntnis genommen worden.
Sie hat wohl überdauert, weil kleine Communities recht zählebig sind. Das Ni-
schendasein sollte sich allerdings bald ändern. Es war eine Zeit des Umbruchs, und
etliche Wissenschaftler waren auf der Suche nach neuen Herausforderungen.
Ich wollte nach Berkeley, um mich mit einem Postdoc-Stipendium in die
Arabidopsis-borschung einzuarbeiten. Ich hatte ein Projekt über die Isolierung und
Charakterisierung von embryonalen Mustermutanten von Arabidopsis entworfen
und dafür von der DFG ein Stipendium bekommen (,^Wie alt sind Sie, junger
Mann? ... und dann noch von rot nach grün wechseln? O Gott, o Gott, wenn
das mal gut geht“). Es gab zu der Zeit drei Labors an der Westküste der USA, die
schon mal Arabidopsis-Samen vom Samenzentrum in Frankfurt angefordert hat-
ten. Darunter war auch der Drosophilist Elliot Meyerowitz am Caltech, bei dem
inzwischen ein Doktorand an Arabidopsis arbeitete. Es waren wirklich early days.
Berkeley stellte sich als ungünstige Wahl heraus - dort wusste man von Arabido-
psis sogar noch weniger als ich. Daher entschloss ich mich auch aus persönlichen
Gründen, mit einem umgewandelten Forschungsstipendium der DFG an der Uni
Tübingen zu starten.
Am Lehrstuhl für Genetik der Uni Tübingen hatte ich sehr viel Freiraum und
konnte vieles ausprobieren. Dennoch war die Zeit chaotisch und aufregend, weil
ich parallel zu den Arabidopsis-Gehversuchen noch arbeitsintensive Zusammenar-
beiten mit Drosophilisten am MPI für Entwicklungsbiologie hatte. Die Drosophila-

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