Antrittsrede von Henry Keazor
Ich schloss die Habilitation dann 2005 bei dem Kunsthistoriker Klaus Her-
ding an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität in Frankfurt ab, wohin ich
1999 von Florenz hin gewechselt hatte. Hier sah ich, wie spannend es sein kann,
solche zeitlichen Doppelungen auch im Rahmen größerer chronologischer Hori-
zonte zu behandeln, denn Herding ist selbst Spezialist für Barockskulptur (er hatte
seine Dissertation 1968 über den Barockbildhauer Pierre Puget geschrieben), hat
dann aber in der Folge auch verstärkt zu modernerer Kunst wie derjenigen Gusta-
ve Courbets oder Andy Warhols gearbeitet. Angeregt hiervon, begann ich dann in
meiner Frankfurter Zeit, eigene Doppelinteressen zu entwickeln und zu pflegen,
d. h. ich forschte einerseits weiter zur Kunst der Frühen Neuzeit (Poussin, den
Carracci, William Hogarth, Illustrationen von Entdeckungsberichten Amerikas im
16. Jahrhundert), setze mich aber andererseits auch zugleich mit moderner und
zeitgenössischer Kunst wie der Architektur Jean Nouvels, audiovisuellen Medi-
en wie Film und Musikvideo sowie der Kunstfälschung auseinander, wobei mir
meine Expertise im Bereich der Frühen Neuzeit zugutekam: So lässt sich in der
zeitgenössischen Kunst und Architektur und in den Medien immer wieder ein
Rekurs auf frühere Kunst analysieren, deren Rezeption in eben diesen zeitgenös-
sischen Formen umgekehrt neue Bedeutungsfacetten an diesen älteren Werken zu
erschließen hilft.
Nach einer Gastprofessur an der Universität Mainz und einem Heisenberg-
Stipendium der DFG erhielt ich dann 2008 meinen ersten Ruf auf den Lehrstuhl
an der Universität des Saarlandes (auch hier wieder also eine Art von Doppelung,
indem ich in meine alte Heimat zurückkehrte). Da ich dort die einzige Professur
in der Fachrichtung Kunstgeschichte hatte, musste ich diese in der ihrer ganzen
Breite alleine vertreten, was mir entgegenkam, da ich so Themen anbieten konnte,
anhand derer ich möglichst viel aus verschiedenen Zeiten abdecken konnte, wie
z. B. die Rezeption des Barock in der zeitgenössischen Kunst und im Film. Eben
diese Doppelung aus alt und neu kommt auch in der Kunstfälschung zusammen,
mit der ich mich noch in meiner Frankfurter Zeit zu befassen begonnen hatte,
denn dort schafft ja oft ein zeitgenössischer Künstler etwas, das vorgibt, alt zu sein.
Somit lässt sich hier eine ganze Reihe weitere Doppelungen beobachten (wie die
Dichotomien von „alt“ und „neu“, von „echt“ und „unecht“ bzw. „original“ und
„falsch“).
Als ich dann 2012 den Ruf auf die Professur für neue und neueste Kunstge-
schichte am Institut für Europäische Kunstgeschichte erhielt, wiederholte sich die
zuvor in Saarbrücken ereignete Doppelung in gewisser Weise, denn auch in diesem
Fall kehrte ich ja erneut in eine alte Heimat zurück, so dass ich abschließend wohl
mit gutem Recht meinem italienischen Freund und Kollegen antworten kann: „Si,
il doppio mi costituisce“.
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Ich schloss die Habilitation dann 2005 bei dem Kunsthistoriker Klaus Her-
ding an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität in Frankfurt ab, wohin ich
1999 von Florenz hin gewechselt hatte. Hier sah ich, wie spannend es sein kann,
solche zeitlichen Doppelungen auch im Rahmen größerer chronologischer Hori-
zonte zu behandeln, denn Herding ist selbst Spezialist für Barockskulptur (er hatte
seine Dissertation 1968 über den Barockbildhauer Pierre Puget geschrieben), hat
dann aber in der Folge auch verstärkt zu modernerer Kunst wie derjenigen Gusta-
ve Courbets oder Andy Warhols gearbeitet. Angeregt hiervon, begann ich dann in
meiner Frankfurter Zeit, eigene Doppelinteressen zu entwickeln und zu pflegen,
d. h. ich forschte einerseits weiter zur Kunst der Frühen Neuzeit (Poussin, den
Carracci, William Hogarth, Illustrationen von Entdeckungsberichten Amerikas im
16. Jahrhundert), setze mich aber andererseits auch zugleich mit moderner und
zeitgenössischer Kunst wie der Architektur Jean Nouvels, audiovisuellen Medi-
en wie Film und Musikvideo sowie der Kunstfälschung auseinander, wobei mir
meine Expertise im Bereich der Frühen Neuzeit zugutekam: So lässt sich in der
zeitgenössischen Kunst und Architektur und in den Medien immer wieder ein
Rekurs auf frühere Kunst analysieren, deren Rezeption in eben diesen zeitgenös-
sischen Formen umgekehrt neue Bedeutungsfacetten an diesen älteren Werken zu
erschließen hilft.
Nach einer Gastprofessur an der Universität Mainz und einem Heisenberg-
Stipendium der DFG erhielt ich dann 2008 meinen ersten Ruf auf den Lehrstuhl
an der Universität des Saarlandes (auch hier wieder also eine Art von Doppelung,
indem ich in meine alte Heimat zurückkehrte). Da ich dort die einzige Professur
in der Fachrichtung Kunstgeschichte hatte, musste ich diese in der ihrer ganzen
Breite alleine vertreten, was mir entgegenkam, da ich so Themen anbieten konnte,
anhand derer ich möglichst viel aus verschiedenen Zeiten abdecken konnte, wie
z. B. die Rezeption des Barock in der zeitgenössischen Kunst und im Film. Eben
diese Doppelung aus alt und neu kommt auch in der Kunstfälschung zusammen,
mit der ich mich noch in meiner Frankfurter Zeit zu befassen begonnen hatte,
denn dort schafft ja oft ein zeitgenössischer Künstler etwas, das vorgibt, alt zu sein.
Somit lässt sich hier eine ganze Reihe weitere Doppelungen beobachten (wie die
Dichotomien von „alt“ und „neu“, von „echt“ und „unecht“ bzw. „original“ und
„falsch“).
Als ich dann 2012 den Ruf auf die Professur für neue und neueste Kunstge-
schichte am Institut für Europäische Kunstgeschichte erhielt, wiederholte sich die
zuvor in Saarbrücken ereignete Doppelung in gewisser Weise, denn auch in diesem
Fall kehrte ich ja erneut in eine alte Heimat zurück, so dass ich abschließend wohl
mit gutem Recht meinem italienischen Freund und Kollegen antworten kann: „Si,
il doppio mi costituisce“.
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