D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
Abb. 3
im gleichen Jahr wie meine Dis-
sertation, 1998).
In Florenz entwickelte ich
mein Habilitations-Thema: Ich
hatte eigentlich geplant, über den
bolognesischen manieristischen
Maler Prospero Fontana zu ar-
beiten, welcher als Lehrer des
gleichfalls Bologneser Künstlers
Ludovico Carracci gilt. Um die
ästhetische Position Fontanas
besser erkennen zu können,
versuchte ich, zu verstehen, was
ihn von seinem Schüler Carrac-
ci unterscheidet, der gemeinsam
mit seinen Cousins Annibale
und Agostino um 1600 in Italien
die Barockmalerei aus der Taufe
gehoben hatte.
Dabei wurde mir jedoch
bewusst, dass die dahinterste-
hende, von den Carracci be-
triebene Malereireform eigentlich bislang in ihren Triebkräften und ihrem Ablauf
noch gar nicht wirklich verstanden worden war, sondern vielmehr nach wie vor
eine Art von „Black Box“ darstellte, bei der man zwar wusste, was davor (der Ma-
nierismus) und was danach gewesen war (der Barock), bei der jedoch unklar blieb,
wie dies genau zustande gekommen sein sollte. Dies spiegelt sich auch in teils
widersprüchlichen bzw. eindeutig falschen Annahmen zu den Rahmenbedingun-
gen der Reform wider, wie z. B. der Hypothese, dass die Carracci grundsätzlich
gegen die vom Manierismus verehrte Antike oder prinzipiell gegen manieristi-
sche Künstler eingestellt gewesen seien. Wie jedoch ihre Werke zeigen, in denen
sich ein klarer Antikenbezug ebenso wie Rückgriffe auf manieristische Künstler
beobachten lassen, stellte sich der Fall als tatsächlich sehr viel komplexer dar. Ich
verlegte daher den Fokus meiner Habilitation von Prospero Fontana hin zu dem
Thema einer Rekonstruktion der Malereireform der Carracci - und stieß auch
hierbei wieder auf eine Doppelung: Denn die Reform schien getragen von zwei
Dynamiken, die einerseits nach vorne, in die Zukunft und weg vom Manierismus,
zugleich jedoch aber auch in der Geschichte rückwärts, zwar ebenfalls weg vom
Manierismus, nun jedoch in die Zeit vor dem Manierismus, in die Zeit Raffaels,
wies.
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Abb. 3
im gleichen Jahr wie meine Dis-
sertation, 1998).
In Florenz entwickelte ich
mein Habilitations-Thema: Ich
hatte eigentlich geplant, über den
bolognesischen manieristischen
Maler Prospero Fontana zu ar-
beiten, welcher als Lehrer des
gleichfalls Bologneser Künstlers
Ludovico Carracci gilt. Um die
ästhetische Position Fontanas
besser erkennen zu können,
versuchte ich, zu verstehen, was
ihn von seinem Schüler Carrac-
ci unterscheidet, der gemeinsam
mit seinen Cousins Annibale
und Agostino um 1600 in Italien
die Barockmalerei aus der Taufe
gehoben hatte.
Dabei wurde mir jedoch
bewusst, dass die dahinterste-
hende, von den Carracci be-
triebene Malereireform eigentlich bislang in ihren Triebkräften und ihrem Ablauf
noch gar nicht wirklich verstanden worden war, sondern vielmehr nach wie vor
eine Art von „Black Box“ darstellte, bei der man zwar wusste, was davor (der Ma-
nierismus) und was danach gewesen war (der Barock), bei der jedoch unklar blieb,
wie dies genau zustande gekommen sein sollte. Dies spiegelt sich auch in teils
widersprüchlichen bzw. eindeutig falschen Annahmen zu den Rahmenbedingun-
gen der Reform wider, wie z. B. der Hypothese, dass die Carracci grundsätzlich
gegen die vom Manierismus verehrte Antike oder prinzipiell gegen manieristi-
sche Künstler eingestellt gewesen seien. Wie jedoch ihre Werke zeigen, in denen
sich ein klarer Antikenbezug ebenso wie Rückgriffe auf manieristische Künstler
beobachten lassen, stellte sich der Fall als tatsächlich sehr viel komplexer dar. Ich
verlegte daher den Fokus meiner Habilitation von Prospero Fontana hin zu dem
Thema einer Rekonstruktion der Malereireform der Carracci - und stieß auch
hierbei wieder auf eine Doppelung: Denn die Reform schien getragen von zwei
Dynamiken, die einerseits nach vorne, in die Zukunft und weg vom Manierismus,
zugleich jedoch aber auch in der Geschichte rückwärts, zwar ebenfalls weg vom
Manierismus, nun jedoch in die Zeit vor dem Manierismus, in die Zeit Raffaels,
wies.
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