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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2016 — 2017

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
DOI Kapitel:
I. Antrittsreden
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Sinning, Irmgard: Antrittsrede vom 29. Oktober 2016
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https://doi.org/10.11588/diglit.55652#0304
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Antrittsrede von Irmgard Sinning

Irmgard Sinning
Antrittsrede vom 29. Oktober 2016

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
für die Zuwahl als ordentliches Mitglied der Aka-
demie möchte ich mich herzlich bedanken. Es ist
eine große Ehre, in diesen Kreis aufgenommen zu
werden, und ich hoffe, Ihr Vertrauen nicht zu ent-
täuschen. Ich freue mich, dass ich mich heute hier
vorstellen darf
1960 wurde ich als jüngstes von drei Kindern in
einem kleinen Dorf an der Donau in Bayern gebo-
ren. Meine Eltern bewirtschafteten in Schwennin-


gen einen Bauernhof, der heute von meinem Bruder
bewirtschaftet wird. Mein Vater stammte aus einem Bauernhof am Rande des

Nördlinger Rieses mit acht Geschwistern. Er kam mit knapp 18 Jahren an die Ost-
front - und erst nach langen Jahren in russischer Gefangenschaft, u. a. im Uran-
bergbau, zurück. Zwei seiner älteren Brüder waren gefallen, und es hatte sich viel
verändert - leider ein typisches Schicksal seiner Zeit. Meine Mutter dagegen war
ein Einzelkind und ging in den Kriegsjahren noch zur Schule. Nach dem frühen
Tod ihres Vaters musste sie den elterlichen Hof übernehmen, der in der Dorfchro-
nik schon um 1350 erstmals erwähnt wird. Das Leben meiner Eltern war nach
heutigem Standard sehr arbeitsreich. Urlaub gab es nicht, denn die Tiere mussten
versorgt werden.
Disziplin und Pflichtbewusstsein habe ich daher sicherlich meinem Eltern-
haus zu verdanken. Ebenso aber auch eine unbeschwerte, durchaus „wilde“ Kind-
heit, denn einen Kindergarten oder viel Aufsicht gab es nicht. Oft trafen sich mehr
als zehn Kinder aus der Nachbarschaft in Hof und Garten zum Spielen - meist
nur Buben. Natürlich waren sie von mir als Anhängsel meiner Brüder nicht be-
geistert, aber ich war zäh und kämpferisch - durchaus nützliche Eigenschaften für
ein Leben in der Wissenschaft.
Meine Eltern haben Bildung und Ausbildung ihrer Kinder immer gefördert,
und wir durften unseren Weg wählen. Ich ging auf das St. Bonaventura Gymna-
sium, ein musisches Gymnasium in Dillingen an der Donau, das damals noch
als reine Mädchenschule von Franziskanerinnen geleitet wurde. Dort konnte
ich mein musisches Talent entfalten, habe leidenschaftlich Klavier gespielt und
im Schulchor gesungen. In der 12. Klasse wurde erstmals die sog. Kollegstufe
eingeführt, wodurch ich Biochemie als Leistungskurs wählen konnte - meine
zweite Leidenschaft. Die praktische Facharbeit habe ich zum Thema „Sauerstoff-

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