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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
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Gesamtsitzung am 22. Juni 2017 zu Ehren von Peter Graf Kielmansegg anlässlich seines 80. Geburtstages
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Cavuldak, Ahmet: Peter Graf Kielmansegg als Analytiker der Demokratie
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0087
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Ahmet Cavuldak

man wohl sagen, dass das Fach alles in allem mit seinen Möglichkeiten - von der
Lehrerausbildung über Aufklärung der öffentlichen Meinung bis hin zur Poli-
tikberatung - zur Begründung und Festigung der Demokratie in der Bundes-
republik beigetragen hat. Einige namhafte Vertreter haben bedeutende Beiträge
zum Verständnis des demokratischen Verfassungsstaates, seines Scheiterns und
Gelingens, seiner Genese und Geltung, seiner Institutionen und Normen, vor-
gelegt; genannt seien etwa Ernst Fraenkel, Dolf Sternberger, Wilhelm Hennis,
Hans Maier, Iring Fetscher, Karl Dietrich Bracher, Kurt Sontheimer und Klaus
von Beyme.30 Mit Sternberger und Hennis war wohl Graf Kielmansegg nicht
nur freundschaftlich verbunden, sondern befand sich auch in einem regen intel-
lektuellen Austausch.31 Von den Klassikern der Demokratietheorie hat sich Graf
Kielmansegg vor allem an Tocqueville und den Federalist-Papers von Alexander
Hamilton, James Madison und John Jay orientiert.32 Gleichwohl fällt es aber auf,
dass Graf Kielmansegg von keinem Denker und auch von keiner Schule so recht
in den Bann gezogen wurde; dazu war er wohl dann doch ein allzu eigensinniger
und freier Kopf, der in großer Selbstständigkeit und beharrlicher Kontinuität sein
Verständnis von Politikwissenschaft entwickelt, sein Nachdenken über Demokra-
tie geübt hat.
In der Gesamtschau drängt sich mir das Urteil auf, Graf Kielmansegg sei einer
der bedeutendsten Demokratie-Analytiker der Bundesrepublik, wenn nicht sogar
der bedeutendste. Herfried Münkler hat in seinem Vortrag die Skepsis als eine ana-

30 Für eine kritische Würdigung des wissenschaftlichen Lebenswerkes bedeutender deutscher
Politikwissenschaftler, zu denen übrigens neben den genannten auch Peter Graf Kielmansegg
und Herfried Münkler gehören, siehe: Jesse, Eckhard/Liebold, Sebastian (Hg.), 2014: Deut-
sche Politikwissenschaftler - Werk und Wirkung. Von Abendroth bis Zellentin, Baden-Ba-
den, Nomos; der Beitrag über Graf Kielmansegg stammt aus der Feder von Alexander Gallus
und Ellen Thümmler und ist zu finden auf S. 419-432.
31 Wilhelm Hennis ist der einzige Politikwissenschaftler, dessen Werk Graf Kielmansegg
mehrmals gewürdigt hat, und zwar mit großer Sympathie; vgl. Graf Kielmansegg, Peter,
2013: Was heißt und zu welchem Ende treibt man Politikwissenschaft. Eine Antwort gegen
den Strom, in: Anter, Andreas (Hg.): Wilhelm Hennis1 Politische Wissenschaft. Fragestel-
lungen und Diagnosen, S. 3-24; Graf Kielmansegg, 2014: Wilhelm Hennis (1923-2012),
in: Eckhard, Jesse/Liebold, Sebastian (Hg.): Deutsche Politikwissenschaftler - Werk und
Wirkung, S. 331-345.
32 So dürfte es kein Zufall sein, dass Graf Kielmansegg von den kanonisierten Autoren und
Werken der Demokratietheorie nur Tocqueville und die Federalist-Papers mit Bewunde-
rung gewürdigt hat. Vgl. Graf Kielmansegg, Peter, 2007: Alexander Hamilton/James Ma-
dison/John Jay, Der Federalist (1788), in: Brocker, Manfred (Hg.): Geschichte des poli-
tischen Denkens. Ein Handbuch, S. 349-363; Graf Kielmansegg, Peter, 2013: Tocqueville
- ein Meister? Überlegungen zum Rang des Demokratie-Analytikers Tocqueville, in: Ar-
mingeon, Klaus (Hg.): Staatstätigkeiten, Parteien, Demokratie. Festschrift für Manfred G.
Schmidt, S. 457-472.

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