II. Wissenschaftliche Vorträge
lytische Tugend der konservativen Geschichts- und Politikbetrachtung stark ge-
macht und Graf Kielmansegg in die Nähe von Edmund Burke gerückt. Mir selbst
kommt eher ein anderer Name in den Sinn, wenn ich an Peter Graf Kielmansegg
denke, nämlich der bereits erwähnte Alexis de Tocqueville. Dem französischen
Denker ist mit einfachen Etikettierungen kaum beizukommen, am ehesten aber
würde ich ihn noch als genialen Demokratie-Analytiker bezeichnen. Zu den vielen
Parallelen zwischen Tocqueville und Graf Kielmansegg-Jura-Studium, Adelsge-
schlecht, Erfahrungen revolutionären Bruchs, Melancholie und Stilempfinden -
gehört, dass sie ein großes und reifes Werk über die Geschichte ihres Vaterlandes
geschrieben haben, das sie jeweils so geliebt, mit dem sie wohl immer wieder auch
gelitten haben; bei Tocqueville war es „der alte Staat und die Revolution“, im Falle
Graf Kielmanseggs ist es die monumentale Geschichte des geteilten Deutschland
„nach der Katastrophe“ aus dem Jahr 2000.
Darin kann man abermals beobachten und bestaunen, was den Wissen-
schaftler Graf Kielmansegg im Kern ausmacht und auszeichnet: sorgfältiges
Quellenstudium, souveräner Umgang mit dem Forschungsstand, analytisch-
systematischer Zugriff auf das Anschauungsmaterial, sachliche Nüchternheit,
Klarheit und Eleganz der Sprache und eine hohe Abwägungskunst, der starke
Urteile abgerungen werden. Bei der nochmaligen Lektüre des Buches habe ich
bemerkt, wie viel die erlesenen Bilder und die dazugehörigen geistreichen Kom-
mentare von dem Land und den Menschen erzählen, aber nicht weniger von
dem Autor selbst preisgeben, von seiner gerechten Anteilnahme, seiner redli-
chen Nachdenklichkeit, seiner heiteren Gelassenheit und nicht zuletzt auch von
seinem leisen, aber feinsinnigen Humor, der seiner Melancholie die Schwere
nimmt. Auch ist mir angenehm aufgefallen, wie feinfühlig Graf Kielmansegg
im letzten Kapitel das Hadern bedeutender Schriftsteller und Intellektueller mit
der Bundesrepublik und ihrem Demokratieexperiment nachzuvollziehen ver-
sucht - bis an die Grenzen des Verstehbaren wohlgemerkt - und dabei die schö-
ne Literatur als ein Medium der politischen Reflexionsgeschichte ernstnimmt.
Dazu hat wohl Gräfin Kielmansegg durch Vorarbeiten wesentlich beigetragen,
und zumindest dafür möchte ich ihr an dieser Stelle meinen herzlichen Dank
aussprechen.
Ich will zum Schluss aus den vielen Würdigungen, die das opus magnum von
Peter Graf Kielmansegg erfahren hat, nur eine herausgreifen und zitieren; kein
Geringerer als Richard von Weizsäcker sprach von Graf Kielmanseggs „klugen und
abwägenden Urteilen“ und von dem Lesegenuss, den sein Werk ihm bereitet habe.
Und er fügte hinzu: „Wir können dafür nur mit der höchsten Achtung dankbar
sein.“ Mir bleibt nun die Freude, mich diesen Worten anzuschließen, bevor ich
mich nochmals persönlich an meinen verehrten Lehrer wende.
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lytische Tugend der konservativen Geschichts- und Politikbetrachtung stark ge-
macht und Graf Kielmansegg in die Nähe von Edmund Burke gerückt. Mir selbst
kommt eher ein anderer Name in den Sinn, wenn ich an Peter Graf Kielmansegg
denke, nämlich der bereits erwähnte Alexis de Tocqueville. Dem französischen
Denker ist mit einfachen Etikettierungen kaum beizukommen, am ehesten aber
würde ich ihn noch als genialen Demokratie-Analytiker bezeichnen. Zu den vielen
Parallelen zwischen Tocqueville und Graf Kielmansegg-Jura-Studium, Adelsge-
schlecht, Erfahrungen revolutionären Bruchs, Melancholie und Stilempfinden -
gehört, dass sie ein großes und reifes Werk über die Geschichte ihres Vaterlandes
geschrieben haben, das sie jeweils so geliebt, mit dem sie wohl immer wieder auch
gelitten haben; bei Tocqueville war es „der alte Staat und die Revolution“, im Falle
Graf Kielmanseggs ist es die monumentale Geschichte des geteilten Deutschland
„nach der Katastrophe“ aus dem Jahr 2000.
Darin kann man abermals beobachten und bestaunen, was den Wissen-
schaftler Graf Kielmansegg im Kern ausmacht und auszeichnet: sorgfältiges
Quellenstudium, souveräner Umgang mit dem Forschungsstand, analytisch-
systematischer Zugriff auf das Anschauungsmaterial, sachliche Nüchternheit,
Klarheit und Eleganz der Sprache und eine hohe Abwägungskunst, der starke
Urteile abgerungen werden. Bei der nochmaligen Lektüre des Buches habe ich
bemerkt, wie viel die erlesenen Bilder und die dazugehörigen geistreichen Kom-
mentare von dem Land und den Menschen erzählen, aber nicht weniger von
dem Autor selbst preisgeben, von seiner gerechten Anteilnahme, seiner redli-
chen Nachdenklichkeit, seiner heiteren Gelassenheit und nicht zuletzt auch von
seinem leisen, aber feinsinnigen Humor, der seiner Melancholie die Schwere
nimmt. Auch ist mir angenehm aufgefallen, wie feinfühlig Graf Kielmansegg
im letzten Kapitel das Hadern bedeutender Schriftsteller und Intellektueller mit
der Bundesrepublik und ihrem Demokratieexperiment nachzuvollziehen ver-
sucht - bis an die Grenzen des Verstehbaren wohlgemerkt - und dabei die schö-
ne Literatur als ein Medium der politischen Reflexionsgeschichte ernstnimmt.
Dazu hat wohl Gräfin Kielmansegg durch Vorarbeiten wesentlich beigetragen,
und zumindest dafür möchte ich ihr an dieser Stelle meinen herzlichen Dank
aussprechen.
Ich will zum Schluss aus den vielen Würdigungen, die das opus magnum von
Peter Graf Kielmansegg erfahren hat, nur eine herausgreifen und zitieren; kein
Geringerer als Richard von Weizsäcker sprach von Graf Kielmanseggs „klugen und
abwägenden Urteilen“ und von dem Lesegenuss, den sein Werk ihm bereitet habe.
Und er fügte hinzu: „Wir können dafür nur mit der höchsten Achtung dankbar
sein.“ Mir bleibt nun die Freude, mich diesen Worten anzuschließen, bevor ich
mich nochmals persönlich an meinen verehrten Lehrer wende.
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