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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
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Keazor, Henry: Spurensuche: Wege und (Be-)Deutungen eines Gemäldes der frühen Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0100
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II. Wissenschaftliche Vorträge

Henry Keazor
„Spurensuche. Wege und (Be-)Deutungen eines Gemäldes der frühen
Neuzeit"
Gesamtsitzung am 28. Oktober 2017
In jüngerer Zeit mehren sich die Vorwürfe gegenüber dem Fach Kunstgeschichte,
dass es - gerade in der akademischen Lehre - den Kontakt zum Objekt zunehmend
verliere und man sich dort nur noch in Kunsttheorie und methodischen Fragen er-
gehe.1 Nicht zuletzt wohl auch deshalb hat der Verband Deutscher Kunsthistoriker
e. V den vom 27. bis 31. März 2019 in Göttingen stattfmdenden 35. Kunsthistori-
kertag unter das Motto „Zu den Dingen!“ gestellt.2
Angesichts eines solchen Vorwurfs einer der Kunstgeschichte insbesondere in
jüngerer Zeit immer wieder unterstellten Trennung in das Objekt auf der einen
und die Methode bzw. Theorie auf der anderen Seite, sollte jedoch daran erinnert
werden, dass Methoden und Theorien kein Selbstzweck sind, sondern dazu da sind,
uns dabei zu helfen, die Objekte zu erfassen, sie einzuordnen und besser zu verste-
hen, d. h.: Ohne konkrete Objekt ergeben Methoden- und Theorie-Debatten kei-
nen Sinn. Umgekehrt bleiben die Objekte ohne Methode und rahmende Theorie
für uns stumm, undurchdringbar und unverständlich, da wir sonst auf der auf der
untersten Stufe einer bloßen Deskription stehenbleiben. Insofern sollten die beiden
scheinbaren Gegenpole vielmehr ein Wechselspiel eingehen, bei dem die Metho-
den und Theorien uns dabei helfen, die Objekte besser zu verstehen, während diese
wiederum die Methoden und Theorien dazu herausfordern, sich zu verfeinern: Da
sie eben kein Selbstzweck sind, sondern Handwerkszeuge darstellen, jedes Objekt
anders ist und mithin dementsprechend adaptierte Methoden erfordert, die in einer
entsprechenden Theoriedebatte weiterentwickelt werden sollten.
Ich möchte dies an einem konkreten Beispiel aufzeigen, das einen in der
Kunstgeschichte durchaus nicht allzu seltenen Fall darstellt. Denn wenngleich wir
es in der akademischen Disziplin des Fachs meistens mit mehr oder weniger gut
erforschten und bekannten Werken zu tun haben, kommt es gerade im Kunsthan-
del und im Museumsbetrieb häufiger vor, dass ein Objekt Rätsel aufgibt.
Im vorliegenden Fall haben wir es mit einem Gemälde (Abb. 1) zu tun, das
der aktuelle Besitzer 2013 von Freunden vererbt bekam. Mit dem Werk wurden
keine weiteren Dokumente wie z. B. Angaben zur Provenienz des Gemäldes über-
geben. Mir selbst ist das Gemälde seit dem Januar 2014 bekannt, als der aktuelle
Besitzer mich erstmals kontaktierte.

1 Vgl. z. B. den Bericht von Christoph Schmälzle: „Die Zuschreibungen sind falsch“ in der
FAZ vom 3.5.2017 über den Kunstsachverständigentag des BVK e. V „Original - gefälscht“ am
24.3.2017 in Weimar.
2 Vgl. http://www.kunsthistoriker.org/kunsthistorikertag.html.

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