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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Reinkowski, Maurus: Das Ende der Ersten Republik – zur Geschichte der modernen Türkei
DOI Artikel:
Zimmermann, Bernhard: Mosaiksteinchen der Literaturgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0046
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II. Wissenschaftliche Vorträge

lösen soll. Durch die Abwehr des Putschversuchs sieht sich die AKP mit einer
unerschütterlichen Legitimität ausgestattet. Fürwahr, ein „Gottesgeschenk“, wie
Erdogan selbst sagte.
Eine Rückkehr zu einem von kemalistischen Eliten geprägten Staat ist nicht
mehr möglich. Eine Ablösung der jetzigen Regierung steht in weiter Ferne, auch
weil sie eine demokratische Abwahl wohl nicht mehr hinzunehmen bereit sein
wird. Die zweite Republik wird sicher nicht nahezu einhundert Jahre währen wie
die erste; aber die neuen Eliten glauben fest an das Projekt einer zweiten Repu-
blik in einem zweiten Jahrhundert der Türkischen Republik. Da sie derzeit ein
ungebrochenes Sendungsbewusstsein und die unbeschränkte Gestaltungsmacht
zugleich haben, wird diese zweite Republik mehr als nur ein Intermezzo sein.
Bernhard Zimmermann
„Mosaiksteinchen der Literaturgeschichte."
Sitzung der Philosophisch-historischen Klasse am 21. Juli 2017
Es ist zwar eine Binsenwahrheit, die man sich trotzdem als Klassischer Philologe
immer wieder ins Gedächtnis rufen muss: die Materie, mit der wir uns beschäf-
tigen, ist ein großer Trümmerhaufen. Große Teile der griechischen (und lateini-
schen) paganen Literatur sind durch die Ungunst der Überlieferung nicht erhal-
ten. Die Gründe dafür sind zahlreich und nach Gattungen, Autoren und Epochen
äußerst verschieden. Oft scheint es paradox, wenn man betrachtet, was verloren
und was erhalten ist. Das bedeutet: das Schicksal eines jeden einzelnen Autors
bedarf einer eigenen Überlieferungsgeschichte, die es in die jeweilige Gattung und
die jeweilige Epoche einzuordnen gilt.
Angesichts dieses eklatanten Missverhältnisses von Erhaltenem und Verlore-
nem kommt natürlich den Fragmenten, die wir von den griechischen Komödien-
und Tragödiendichtern haben, eine enorme Bedeutung zu. Die Ausgangslage ist
allerdings, wenn wir die beiden dramatischen Gattungen Komödie und Tragödie
vergleichen, grundverschieden. Von den 256 namentlich bezeugten Komödien-
dichtern sind zahlreiche Fragmente erhalten, die in acht stattlichen Bänden der
Poetae Comici Graeci (PCG) von Rudolf Kassel und Colin Austin (Berlin - New
York 1983-2001) mustergültig ediert wurden. Für 200 tragici minores, all den Tra-
gikern außer Aischylos, Sophokles und Euripides, von denen vielfach nur der
Name bekannt ist und keinerlei Fragmente erhalten sind, genügen 325 Seiten
im ersten Band der Tragicorum Graecorum Fragmente (TrGF), herausgegeben von
Bruno Snell und Richard Kannicht (Göttingen 1986). Zwar füllen Aischylos (ed.
Stefan Radt, Göttingen 1985) und Sophokles (ed. Stefan Radt, Göttingen 1999)
mit ihren Fragmenten je einen umfangreichen Band der TrGF; jedoch nur von

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