Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
DOI Kapitel:
II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Jürgens, Gerd: Wie Pflanzenzellen sich teilen – eine erfolgreiche Alternativstrategie
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0036
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
II. Wissenschaftliche Vorträge

Gerd Jürgens
„Wie Pflanzenzellen sich teilen - eine erfolgreiche Alternativstrategie"
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 27. Januar 2017
Die Fähigkeit zur Zellteilung ist eine grundlegende Eigenschaft alles Lebendigen.
Einzeller vermehren sich durch Zellteilung. Vielzeller beginnen ihre Existenz mit
einer befruchteten Eizelle, aus der durch Zellteilungen während der Entwicklung
die vielen Zellen des erwachsenen Organismus hervorgehen. Man könnte daher
vermuten, dass die Zellteilung bei allen Vielzellern auf die gleiche Weise abläuft.
Das ist jedoch nicht der Fall. Alle nicht-pflanzlichen eukaryotischen Organismen
- darunter der Mensch und auch die einzellige Bäckerhefe - bilden einen kontrak-
tilen Ring aus, der die sich teilende Zelle von der Oberfläche her einschnürt. Da-
durch entsteht eine cytoplasmatische Brücke, die die entstehenden Tochterzellen
miteinander verbindet; diese Brücke wird schließlich durchtrennt. Pflanzen fehlt
die Fähigkeit, einen kontraktilen Ring für die Zellteilung zu bilden. Stattdessen
bilden Pflanzen eine Teilungsmembran neu, die von der Mitte der Zelle zur Ober-
fläche hin scheibenförmig wächst. Wie diese „Zellplatte“ genannte Teilungsmem-
bran entsteht, ist an der Blütenpflanze Arabidopsis thaliana relativ gut untersucht
worden.
Das Membranmaterial wird in Form von ca. 60 nm großen Vesikeln in die
Zellteilungsebene transportiert. Diese Vesikel entstehen am Trans-Golgi-Netz-
werk, das dem Golgi-Apparat aufliegt. In der Cytokinese bildet sich aus den Res-
ten der mitotischen Teilungsspindel eine spezielle Anordnung von Mikrotubuli,
die als Phragmoplast bezeichnet wird. Der Phragmoplast erscheint zunächst als
ein solides Bündel, an dem die Vesikel zur Zellteilungsebene wie auf einer Trans-
portbahn transportiert werden. Dort verschmelzen die Vesikel miteinander über
Zwischenstufen zu einer wackeligen Platte, die wie eine dünne Scheibe Schwei-
zer Käse aussieht - zunächst nur in der Mitte der Zellteilungsebene. Dann öffnet
sich das Bündel von Mikrotubuli, indem in der Mitte gelegene depolymerisieren
und am Außenrand des Bündels neue Mikrotubuli angelagert werden. Dadurch
gelangen weitere Membranvesikel an den Rand der Zellplatte und fusionieren mit
ihm. Diese seitliche Ausdehnung der Zellplatte führt zu einer weiteren Öffnung
des Mikrotubuli-Bündels, so dass neue Vesikel den Rand der Zellplatte immer
weiter ausdehnen. Schließlich ist die Plasmamembran erreicht; mit ihr fusioniert
der Rand der Zellplatte, und die Mikrotubuli des Phragmoplast werden endgültig
depolymerisiert.

36
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften