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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Sinning, Irmgard: Wie ein zellulärer Postbote die korrekte Zustellung von Membranproteinen sicherstellt
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0042
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II. Wissenschaftliche Vorträge

Irmgard Sinning
„Wie ein zellulärer Postbote die korrekte Zustellung von
Membranproteinen sicherstellt"
Sitzung der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse am 28. April 2017
Die korrekte Lokalisierung der Bestandteile einer Zelle ist ganz entscheidend für
deren Funktionalität und unterliegt einer strengen zeitlichen und räumlichen
Kontrolle. Das Proteom einer Zelle besteht zu einem großen Teil aus Membran-
proteinen, die korrekt in ihre Zielmembran inseriert werden müssen, um ihre
Funktion auszuüben. Um zu vermeiden, dass hydrophobe Transmembranseg-
mente der Membranproteine einer hydrophilen Umgebung ausgesetzt werden
und damit die Aggregation praktisch unvermeidlich wäre, wird die Proteinbio-
synthese am Ribosom (Translation) unmittelbar mit der Zielsteuerung zur Mem-
bran (Targeting) und der Insertion verknüpft.
Eine zentrale Frage ist hierbei, wie erkannt wird, welche Ribosomen ein
solches Protein synthetisieren. Das Verbindungsglied ist das Signal Recognition
Particle (SRP, Signalerkennungspartikel), ein „zellulärer Postbote“, der in allen
Organismen vorhanden ist und dafür sorgt, dass neusynthetisierte Proteine nicht
fehlgeleitet werden. Dazu tragen diese Proteine eine Art „Postleitzahl“ in Form
einer amino-terminalen Signalsequenz, die vom SRP ausgelesen wird. Durch
die Interaktion mit dem membrangebundenen SRP-Rezeptor wird der Komplex
aus Ribosom, nascierender Proteinkette und SRP zur Translokationspore in der
Membran (der Plasmamembran in Prokaryonten, bzw. dem endoplasmatischen
Retikulum in Eukaryonten) dirigiert. Während der „Zustellung der Post“ wird die
Synthesegeschwindigkeit des Ribosoms durch das SRP verlangsamt und so die
verfrühte Fertigstellung und Entlassung ins Zytoplasma verhindert.
Als unser Interesse an der Struktur und Funktion molekularer Maschinen im
Proteintransport geweckt wurde, waren die Komponenten der SRP-Maschinerie
bekannt, aber ihre Interaktionen und dreidimensionale Struktur waren noch un-
bekannt. Wir konnten seither durch die Kombination verschiedener biochemi-
scher und biophysikalischer Methoden, insbesondere der Proteinkristallographie,
eine ganze Reihe funktionell relevanter, hochaufgelöster Strukturen bestimmen
und mechanistische Einblicke in das SRP-System gewinnen.
Bei der Proteinsynthese am Ribosom wird als erstes der N-terminus des
neusynthetisierten Proteins für Interaktionen zugänglich. Sobald eine dort vor-
handene Signalsequenz am ribosomalen Tunnelausgang exponiert wird, kann
SRP binden. SRP ist ein universell konservierter Protein-RNA-Komplex, wobei
die Zusammensetzung variiert. Ausgehend von gram-negativen Bakterien hin
zu höheren Eukaryonten nimmt die Komplexität von SRP zu - sowohl die Zahl
der Proteinkomponenten als auch die Länge der RNA. Für die Erkennung der

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