Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017
— 2018
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0065
DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
DOI Kapitel:II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Kapitel:Gesamtsitzung am 22. Juni 2017 zu Ehren von Peter Graf Kielmansegg anlässlich seines 80. Geburtstages
DOI Artikel:Münkler, Herfried: Was kann die Politikwissenschaft aus der Beschäftigung mit historischen Themen lernen?: Graf Kielmanseggs Buch über den Ersten Weltkrieg
DOI Artikel:Stein, Tine: Menschenrechte und die Grenzen des demokratischen Verfassungsstaats
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- Schmutztitel
- Titelblatt
- 5-10 Inhaltsverzeichnis
- 11-176 A. Das akademische Jahr 2017
-
177-276
B. Die Forschungsvorhaben
- 177-178 I. Forschungsvorhaben und Arbeitsstellenleiter (Übersicht)
-
179-276
II. Tätigkeitsberichte (chronologisch)
- 179-182 1. Deutsche Inschriften des Mittelalters
- 183-186 2. Wörterbuch der altgaskognischen Urkundensprache (DAG)
- 186-191 3. Deutsches Rechtswörterbuch
- 191-193 4. Goethe-Wörterbuch (Tübingen)
- 193-197 5. Melanchthon-Briefwechsel
- 197-201 6. Altfranzösisches etymologisches Wörterbuch (DEAF)
- 201-206 7. Epigraphische Datenbank Heidelberg (EDH)
- 207-209 8. Evangelische Kirchenordnungen des 16.Jahrhunderts
- 210-214 9. Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur
- 214-220 10. Buddhistische Steininschriften in Nordchina
- 220-225 11. Geschichte der südwestdeutschen Hofmusik im 18.Jahrhundert (Schwetzingen)
- 225-236 12. The Role of Culture in Early Expansions of Humans (Frankfurt/Tübingen)
- 236-241 13. Nietzsche-Kommentar (Freiburg i.Br.)
- 241-245 14. Klöster im Hochmittelalter: Innovationslabore europäischer Lebensentwürfe und Ordnungsmodelle (Heidelberg/Dresden)
- 246-252 15. Der Tempel als Kanon der religiösen Literatur Ägyptens (Tübingen)
- 253-257 16. Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Freiburg i.Br.)
- 257-261 17. Kommentierung und Gesamtedition der Werke von Karl Jaspers sowieEdition der Briefe und des Nachlasses in Auswahl
- 261-266 18. Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes Malalas (Tübingen)
- 266-272 19. Religions- und rechtsgeschichtliche Quellen des vormodernen Nepal
- 272-276 20. Theologenbriefwechsel im Südwesten des Reichs in der Frühen Neuzeit (1550–1620)
-
277-355
C. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
- 277-284 I. Die Preisträger
-
285-346
II. Das WIN-Kolleg
- 285-286 Aufgaben und Ziele des WIN-Kollegs
- 287 Verzeichnis der WIN-Kollegiaten
- 289-298 Fünfter Forschungsschwerpunkt „Neue Wege der Verflechtung von Natur- und Geisteswissenschaften“
-
299-346
Sechster Forschungsschwerpunkt„Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
- 299-301 3. Analyzing, Measuring and Forecasting Financial Risks by means of High-Frequency Data
- 302-305 4. Das menschliche Spiegelneuronensystem: Wie erfassen wir, was wir nicht messen können?
- 305-306 5. Geld, Gunst und Gnade. Die Monetarisierung der Politik im 12. und 13. Jahrhundert
- 306-308 6. Neogeographie einer Digitalen Erde: Geo-Informatik als methodische Brücke in der interdisziplinären Naturgefahren-analyse (NEOHAZ)
- 309-312 7. Quantifizierung in Politik und Recht am Beispiel von Wirtschaftssanktionen
- 313-317 8. Europäischer Datenschutz und Datentausch in der genetischen Forschung: interdisziplinäre Bedingungen und internationale Implikationen
- 317-321 9. Der „digital turn“ in den Altertumswissenschaften: Wahrnehmung – Dokumentation – Reflexion
- 322-325 10. Computergestützte Rechtslinguistik (CAL²) – Zu einer Digitalen Forschungs- und Experimentierplattform zur Analyse juristischer Semantik
- 325-327 11. Die Vermessung der Welt: Religiöse Deutung und empirische Quantifizierung im mittelalterlichen Europa
- 327-331 12. „Working Numbers“: Science and Contemporary Politics
- 331-338 13. Thermischer Komfort und Schmerz – Wechselwirkung zwischen Methode und Interpretation
- 338-342 14. Charakterisierung von durchströmten Gefäßen und der Hämodynamik mittels modell- und simulationsbasierter Fluss-MRI (CFD-MRI): Qualitative Analyse des Genauigkeitsgewinns der kombinierten Methode
- 342-345 15. Zählen und Erzählen. Spielräume und Korrelationen quantitativer und qualitativer Welterschließung im Spannungsfeld von wissenschaftlichem Objekt und Methode
- 345-346 16. Metaphern und Modelle – Zur Übersetzung von Wissen in Verstehen
- 347-355 III. Konferenzen
- 357-420 D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe und Mitglieder
- 421-437 E. Anhang
- 429-437 Personenregister
Tine Stein
„humanities“ verbleibt, wo er nicht - oder jedenfalls sehr viel weniger - auf die
Stabilität sozialer und politischer Ordnungen angewiesen ist. Im Gegenteil: Von
hier aus kann er deren Instabilität, ihren Zerfall und ihre Zerstörung am besten
beobachten.
Die Szientifizierung des Fachs fand in einer Periode großer Stabilität bzw.
einsinniger Entwicklungsprozesse statt. Diese Zeit ist nun offenkundig vorbei.
Der Aufstieg der Autokraten, die politische Renaissance des Nationalstaates, die
offene Frage, wie die Zukunft der Demokratien aussehen wird - all diese Fra-
gen lassen sich mit Datenextrapolationen nicht beantworten und, wo das doch
der Fall ist, sind die Aussagen nicht besser begründet, als das bei historischen
Analogien und Parallelen der Fall ist. Wir bewegen uns in eine solche Perio-
de zerbrechender Ordnungen hinein. Gerade in ihr werden von unserem Fach
Antworten erwartet. In diesem Sinne wird die Art, in der Sie, Graf Kielmansegg,
das Fach beackert und gepflegt haben, auch in Zukunft nicht der Vergangenheit
angehören.
Tine Stein
„Menschenrechte und die Grenzen des demokratischen
Verfassungsstaats"*
„Der demokratische Verfassungsstaat ist kein Gebilde aus einem Guß. Seine Re-
geln gehorchen nicht einer bestimmten und nur einer Logik. Die Prinzipien, die
in ihm Gestalt gewonnen haben, lassen sich nicht spannungsfrei verknüpfen.“* 1
Diese Erkenntnis über den demokratischen Verfassungsstaat ist ein Schlüssel zu
dem Werk Peter Graf Kielmanseggs, der in zahlreichen ideenhistorischen wie sys-
tematisch orientierten politiktheoretischen Studien immer wieder die spannungs-
volle Balance herausgearbeitet hat - sei es die Spannung von Demokratieprinzip
und Verfassungsprinzip oder sei es die Symbiose von Repräsentation und populär
govemment, die die „Selbstregierung unter der Bedingung moderner Staatlichkeit
erst möglich gemacht hat“.2 Die Rednerin hat hier einen besonderen Dank an den
heute zu Ehrenden abzustatten: noch in den achtziger Jahren überzeugte Anhän-
gerin der Basisdemokratie, hat sie vor allem durch die Abhandlung „Quadratur
* Für die Veröffentlichung des Vortrags wurden die Anmerkungen eingefügt, der Vortragsstil
wurde weitestgehend beibehalten. Eine Langfassung erscheint in „Die Grammatik der Demo-
kratie. Das Staatsverständnis von Peter Graf Kielmansegg, hrsg. v. Ahmet Cavuldak, Reihe
Staatsverständnisse im Nomos-Verlag“.
1 Peter Graf Kielmansegg: Das Verfassungsparadox, in: Politik, Philosophie, Praxis. Festschrift
für Wilhelm Hennis, hrsg. v. Hans Maier/Ulrich Matz u.a., Stuttgart: Klett-Cotta 1988,
S. 397-411, hier S.411.
2 Peter Graf Kielmansegg: Repräsentation und Partizipation. Überlegungen zur Zukunft der
repräsentativen Demokratie, Stuttgart 2016, S. 8 f. Fn. 6.
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„humanities“ verbleibt, wo er nicht - oder jedenfalls sehr viel weniger - auf die
Stabilität sozialer und politischer Ordnungen angewiesen ist. Im Gegenteil: Von
hier aus kann er deren Instabilität, ihren Zerfall und ihre Zerstörung am besten
beobachten.
Die Szientifizierung des Fachs fand in einer Periode großer Stabilität bzw.
einsinniger Entwicklungsprozesse statt. Diese Zeit ist nun offenkundig vorbei.
Der Aufstieg der Autokraten, die politische Renaissance des Nationalstaates, die
offene Frage, wie die Zukunft der Demokratien aussehen wird - all diese Fra-
gen lassen sich mit Datenextrapolationen nicht beantworten und, wo das doch
der Fall ist, sind die Aussagen nicht besser begründet, als das bei historischen
Analogien und Parallelen der Fall ist. Wir bewegen uns in eine solche Perio-
de zerbrechender Ordnungen hinein. Gerade in ihr werden von unserem Fach
Antworten erwartet. In diesem Sinne wird die Art, in der Sie, Graf Kielmansegg,
das Fach beackert und gepflegt haben, auch in Zukunft nicht der Vergangenheit
angehören.
Tine Stein
„Menschenrechte und die Grenzen des demokratischen
Verfassungsstaats"*
„Der demokratische Verfassungsstaat ist kein Gebilde aus einem Guß. Seine Re-
geln gehorchen nicht einer bestimmten und nur einer Logik. Die Prinzipien, die
in ihm Gestalt gewonnen haben, lassen sich nicht spannungsfrei verknüpfen.“* 1
Diese Erkenntnis über den demokratischen Verfassungsstaat ist ein Schlüssel zu
dem Werk Peter Graf Kielmanseggs, der in zahlreichen ideenhistorischen wie sys-
tematisch orientierten politiktheoretischen Studien immer wieder die spannungs-
volle Balance herausgearbeitet hat - sei es die Spannung von Demokratieprinzip
und Verfassungsprinzip oder sei es die Symbiose von Repräsentation und populär
govemment, die die „Selbstregierung unter der Bedingung moderner Staatlichkeit
erst möglich gemacht hat“.2 Die Rednerin hat hier einen besonderen Dank an den
heute zu Ehrenden abzustatten: noch in den achtziger Jahren überzeugte Anhän-
gerin der Basisdemokratie, hat sie vor allem durch die Abhandlung „Quadratur
* Für die Veröffentlichung des Vortrags wurden die Anmerkungen eingefügt, der Vortragsstil
wurde weitestgehend beibehalten. Eine Langfassung erscheint in „Die Grammatik der Demo-
kratie. Das Staatsverständnis von Peter Graf Kielmansegg, hrsg. v. Ahmet Cavuldak, Reihe
Staatsverständnisse im Nomos-Verlag“.
1 Peter Graf Kielmansegg: Das Verfassungsparadox, in: Politik, Philosophie, Praxis. Festschrift
für Wilhelm Hennis, hrsg. v. Hans Maier/Ulrich Matz u.a., Stuttgart: Klett-Cotta 1988,
S. 397-411, hier S.411.
2 Peter Graf Kielmansegg: Repräsentation und Partizipation. Überlegungen zur Zukunft der
repräsentativen Demokratie, Stuttgart 2016, S. 8 f. Fn. 6.
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