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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

DOI Kapitel:
A. Das akademische Jahr 2017
DOI Kapitel:
II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Sinning, Irmgard: Wie ein zellulärer Postbote die korrekte Zustellung von Membranproteinen sicherstellt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0043
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Irmgard Sinning

Signalsequenz ist das SRP54 Protein (54 kDa) von zentraler Bedeutung, denn
es enthält sowohl die Binde-Domäne für die Signalsequenz als auch eine GT-
Pase-Domäne (G-Domäne, Guanosintriphosphatase) für die Regulation des
Proteintransports. Diese G-Domäne ist ein Vertreter der großen Familie der
GTP-bindenden Proteine (Ras-Superfamilie) und bildet mit der engverwandten
G-Domäne des SRP-Rezeptors einen hochsymmetrischen Komplex, den soge-
nannten Targeting-Komplex. Da der SRP Rezeptor an die Membran gebunden
vorliegt, schafft diese Komplexbildung die Voraussetzung für die nachfolgende
Übergabe der nascierenden Proteinkette vom SRP an die Translokationspore.
Die Synchronisation der beiden G-Proteine ist entscheidend für den Protein-
transport, da für die Ausbildung des Targeting-Komplexes beide im GTP-ge-
bunden Zustand vorliegen müssen. GTP-Hydrolyse führt zur Dissoziation des
Komplexes. SRP-GTPasen haben wie die meisten GTPasen eine sehr geringe
Aktivität, aber im Gegensatz zu anderen G-Proteinen waren lange Zeit keine ex-
ternen Aktivatoren bekannt. Wir konnten die erste Röntgenstruktur einer SRP-
Komponente bestimmen, den SRP-Rezeptor FtsY ausE. coli, und eine detaillierte
biochemische und kinetische Charakterisierung der GTPase durchführen. Wir
haben gezeigt, dass FtsY durch spezifische Bindung an Membranlipide aktiviert
wird, das Bindungsmotiv identifiziert, und letztlich den zugrundeliegenden
lipid-induzierten Konformations-Schalter beschrieben. Diese Konformations-
änderung ist essentiell für die Bindung des Rezeptors an SRP In den letzten
Jahren standen die regulatorische Rolle der SRP-RNA und die Dynamik des
Targeting-Komplexes im Mittelpunkt der Forschung. Die SRP-RNA aktiviert
die GTP-Hydrolyse im Targeting-Komplex nach dessen Relokalisierung an eine
spezifische, konservierte Bindestelle auf der RNA. Zahlreiche Röntgen- und
Cryo-EM-Strukturen einzelner SRP-Komponenten und wichtiger Intermediate
des SRP-Zyklus, bis hin zu Komplexen mit Ribosomen, ermöglichten tiefe Ein-
blicke in die molekularen Mechanismen des SRP-Systems insbesondere in Bak-
terien. Im Gegensatz dazu gestaltete sich die Untersuchung des humanen SRP
schwierig, aber wir konnten mit der Rekonstitution eines signifikanten Teils von
SRP und mit ersten Strukturen der beiden größten Proteine, SRP68 und SRP72,
entscheidende Fortschritte erzielen. Diese beiden Proteine verändern die Struk-
tur der SRP-RNA und schaffen damit die Voraussetzung für die Aktivierung des
Targeting-Komplexes durch die RNA.
Die Untersuchung des Proteintransports begann mit der Veröffentlichung
der „Signalhypothese“ durch Günther Blobel Anfang der 70er und der Vorhersage
eines „Bindungsfaktors“, der die Signalsequenz erkennt und an die Membran des
endoplasmatischen Retikulums bringt. Zehn Jahre später wurde das SRP entdeckt
- zunächst als „signal recognition protein“ und Jahre später mit der Entdeckung
der SRP-RNA umbenannt in „signal recognition particle“. Drei Jahrzehnte der
SRP-Forschung - begleitet von großen technologischen Entwicklungen in der

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