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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
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II. Wissenschaftliche Vorträge
DOI Artikel:
Keazor, Henry: Spurensuche: Wege und (Be-)Deutungen eines Gemäldes der frühen Neuzeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0102
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II. Wissenschaftliche Vorträge

führt worden, die mittels des erwähnten, 16 mm dicken Keilrahmens mit Kreuz
(Abb. 2) aufgespannt ist. Das Gemälde war bis zum Oktober 2014 in keinem allzu
guten Erhaltungszustand, da die Farbe z.T. schon abblätterte; die oberste Mal-
schicht scheint zudem zu einem Großteil abgerieben, weshalb das Bild in seiner
Oberflächenstruktur glatter erscheint als es wohl einmal war. Hinzu kam, dass der
Firnis stark nachgedunkelt, vergilbt und verschmutzt war. Als besonders drastisch
eiweist sich aber vor allem, dass das Gemälde doubliert, d. h. von einer alten Lein-
wand auf eine neue übertragen wurde (eine besonders im 19. Jahrhundert sehr
beliebte Methode, um ältere, schadhaft gewordene Gemälde zu „retten“): Spuren
dieses Verfahrens kann man den Ecken des Gemäldes sehen, wo die Kanten der
originalen Leinwand fehlen und auf dem neuen Untergrund liegen. Aufgrund die-
ses Eingriffs ist es leider geradezu unmöglich, das Alter der ursprünglichen Lein-
wand zu bestimmen. Zusätzlich erschwert wird die Beurteilung des Bildes sowohl
in stilistischer wie in technischer Hinsicht durch offenbar mehrere Male daran
vorgenommene Restaurierungen wie z. B. mit teilweise bloßem Auge erkennbare
Retuschen. Das Gemälde wurde im Oktober 2014 von der Frankfurter Restaura-
torin Stefanie Gundermann restauriert und bei der Gelegenheit auch ansatzweise
untersucht, wobei sich die eiwähnten Schwierigkeiten z. B. bei der Bestimmung
des Alters der Leinwand bestätigten: So zeigte ein Blick durch das Mikroskop
nicht unbedingt eine typische Leinwand aus dem 16./17. Jahrhundert, was aber
eben auf die Doublierung zurückgeführt werden kann.3 Wie die Konsultation der
Rahmenspezialistin Eva Mendgen ergab, stammt der Schaurahmen wohl aus dem
19. Jahrhundert;4 das Zuschreibung und Bestimmung des Gemäldes vornehmen-
de Metallschild hingegen (Abb. 3) ist wohl erst im Laufe des 20. Jahrhundert hin-
zugefügt worden. Bestätigt wurde dies durch das Fragment eines Zettels, der am
Keilrahmen angeklebt war, bei der besagten Restaurierung aber zerfiel (Abb. 4):
Er trugt die Notiz „Ludovico Caracci./Expert[is?]e v. Prof. E .../Waldmann/dir.
d. Bremer ...“. Sie lässt sich als Hinweis auf den Kunsthistoriker Emil Waldmann
(1880-1945) auflösen, der u. a. an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, der
Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Berlin und der Georg-August-
Universität Göttingen Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie studiert und
dann in Göttingen promoviert hatte. Ab 1914 stand er der Bremer Kunsthalle als
Direktor vor.5 Da Waldmann 1930 vom Senat der Stadt Bremen zum Professor
ernannt worden war, muss die ihn bereits mit diesem Titel führende Notiz nach

3 Vgl. den vorliegenden Restaurierungsbericht Frau Gundermanns vom 10.10.2014.
4 Mitteilung Frau Eva Mendgen (Saarbrücken) per E-Mail vom 9.11.2014.
5 Vgl. u. a. die Masterarbeit von Verena Borgmann: Die Sammlungs- und Ausstellungspolitik der
Kunsthalle Bremen unter Emil Waldmann 1914-1932, Universität Oldenburg 2006 sowie Verena
Borgmann: „Die Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit der Kunsthalle Bremen unter Emil
Waldmann 1914-1932“, in: Kurt Dröge (Hrsg.): Museum revisited: Transdisziplinäre Perspektiven
auf eine Institution im Wandel, Bielefeld 2010, S. 119-132, hier S. 122.

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