D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
Foto: Universität Stuttgart, Frank Eppler
Eberhard Jäckel
(29.6.1929-16.8.2017)
Die Älteren unter den Lesern der Frankfurter Allgemeinen Zeitung werden sich
daran erinnern, dass bis in die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts der
Freitagsausgabe ein Magazin beigegeben war, in dem man als erstes den sogenann-
ten Prousf sehen Fragebogen aufschlug. Er war wohl die meistgelesene Seite des
Magazins. Woche für Woche stellte sich in diesem Fragebogen eine prominente
Persönlichkeit in einer Art von Stichwort-Selbstportrait vor. Auch Eberhard Jäckel
hat ihn beantwortet, am 15. November 1991. Seine Antwort auf die Frage ,^Wer
oder was hätten Sie sein mögen?“ lautete: „Der Mörder Hitlers“.
Manch einer unter denen, die sich vor ihm über den Fragebogen gebeugt
hatten, wird ihn um diesen fulminanten Einfall beneidet haben. Aber es war mehr
als ein Einfall. Es war ein Bekenntnis. Hitler und seine Verbrechen waren Jäckels
Lebensthema als Historiker. Die Frage „Wie konnte es geschehen und warum in
dem Land, in das ich hineingeboren wurde?“ - so formuliert in Jäckels Antritts-
rede in der Akademie 1997 - hat sein Leben als Wissenschaftler wie als Bürger
Nach-Hitler-Deutschlands mit einer existenziellen Dringlichkeit bestimmt. „Der
Mörder Hitlers“ - das sagt sich ein halbes Jahrhundert nach Hitlers Tod leicht und
macht Eindruck. Eberhard Jäckel durfte es sagen, er konnte es überzeugend und
überzeugt sagen.
Ein Historiker, der so entschieden bekennt, dass er den Lauf der Geschichte
gern geändert hätte, ist kein gewöhnlicher Fall. In der Tat war Jäckel in seiner
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Foto: Universität Stuttgart, Frank Eppler
Eberhard Jäckel
(29.6.1929-16.8.2017)
Die Älteren unter den Lesern der Frankfurter Allgemeinen Zeitung werden sich
daran erinnern, dass bis in die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts der
Freitagsausgabe ein Magazin beigegeben war, in dem man als erstes den sogenann-
ten Prousf sehen Fragebogen aufschlug. Er war wohl die meistgelesene Seite des
Magazins. Woche für Woche stellte sich in diesem Fragebogen eine prominente
Persönlichkeit in einer Art von Stichwort-Selbstportrait vor. Auch Eberhard Jäckel
hat ihn beantwortet, am 15. November 1991. Seine Antwort auf die Frage ,^Wer
oder was hätten Sie sein mögen?“ lautete: „Der Mörder Hitlers“.
Manch einer unter denen, die sich vor ihm über den Fragebogen gebeugt
hatten, wird ihn um diesen fulminanten Einfall beneidet haben. Aber es war mehr
als ein Einfall. Es war ein Bekenntnis. Hitler und seine Verbrechen waren Jäckels
Lebensthema als Historiker. Die Frage „Wie konnte es geschehen und warum in
dem Land, in das ich hineingeboren wurde?“ - so formuliert in Jäckels Antritts-
rede in der Akademie 1997 - hat sein Leben als Wissenschaftler wie als Bürger
Nach-Hitler-Deutschlands mit einer existenziellen Dringlichkeit bestimmt. „Der
Mörder Hitlers“ - das sagt sich ein halbes Jahrhundert nach Hitlers Tod leicht und
macht Eindruck. Eberhard Jäckel durfte es sagen, er konnte es überzeugend und
überzeugt sagen.
Ein Historiker, der so entschieden bekennt, dass er den Lauf der Geschichte
gern geändert hätte, ist kein gewöhnlicher Fall. In der Tat war Jäckel in seiner
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