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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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B. Die Mitglieder
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I. Antrittsreden
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Wienhard, Anna: Antrittsrede vom 27. Januar 2018
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0137
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Antrittsrede von Anna Wienhard

nationale und offene Atmosphäre an der ETH und die frühe Unabhängigkeit. Da
mein Doktorvater in Bonn war, wurde ich in Zürich oft eher als Postdoc statt als
Doktorandin wahrgenommen. Das Forschungsinstitut für Mathematik (FIM), an
dem ich meinen Arbeitsplatz hatte, beherbergte viele internationale Gäste aus al-
len Bereichen der Mathematik. Dadurch erhielt ich viele Anregungen und konnte
zahlreiche Kontakte knüpfen. Auch privat ergaben sich Kontakte zu den Schweizer
Doktoranden und Postdocs, die mich dankenswerterweise gerne mit auf ihre Ski-
und Bergtouren nahmen.
In der Forschung lief es gut. Zwar ist das Problem, das ich mir als Promoti-
onsthema ausgesucht hatte, noch immer ungelöst, aber wir setzten nun zusam-
men mit Marc Burger und Alessandra lozzi Anwendungen der beschränkten
Kohomologie in einem viel geometrischeren Kontext um. Es ergaben sich Bezie-
hungen zwischen unseren Arbeiten und aktuellen Resultaten anderer Forscher.
Wir waren auf die Spitze eines Eisberges gestoßen. Unerwartet und nicht geplant
legten wir damit die Grundlagen für ein neues, sich schnell entwickelndes Gebiet,
das nun unter dem Namen „höhere Teichmüller Theorie“ bekannt ist. Dieser
Erfolg in der Doktorarbeit machte es mir für den weiteren Karriereweg leicht.
Ich erhielt sehr gute Postdoc-Angebote aus den USA und entschloss mich nach
einem weiteren halben Jahr in der Schweiz zuerst für ein Jahr an das Institute for
Advanced Study in Princeton und im Anschluss für drei Jahre an die University
of Chicago zu gehen.
Am Institute for Advanced Study hatte ich mich schnell eingelebt und genoss
meine Zeit dort in vollen Zügen. Als ich am Ende des Jahres Princeton verließ, um
meine Stelle an der University of Chicago anzutreten, kündigte sich die Rückkehr
bereits an. Peter Sarnak, ein Mathematikprofessor an der Princeton University,
hatte mich eingeladen, als Assistant Professor an das Mathematik Department zu
kommen. So verbrachte ich nur ein sehr anregendes Jahr an der University of Chi-
cago, in einer anregenden Atmosphäre mit vielen Postdoktoranden und Assistant-
Professoren, und kehrte dann im Jahr 2007 als tenure-track Assistant Professor
nach Princeton zurück.
Dies war nicht nur ein wichtiger Karriereschritt, sondern erlaubte mir auch
Berufliches und Privates zu kombinieren. Mein Mann hatte ein Jahr zuvor eine
Postdoc-Stelle an der Rutgers University, etwa 30 Kilometer von Princeton, ange-
treten. So konnten wir nach fünf Jahren in verschiedenen Städten und Kontinen-
ten ein gemeinsames Lager in Princeton aufschlagen. Unsere erste Tochter wurde
2008 geboren. Erziehungszeit gab es - zum Glück - nicht. Stattdessen erhielt ich
eine Lehrreduktion und wurde - bei vollem Gehalt - für ein Jahr von der Lehre
befreit. Meine administrativen Aufgaben als Director of Graduate Studies führte
ich ohne Unterbrechung fort. Auch in der Forschung ging es weiter - Bill Gold-
man, eine der Größen in meinem Forschungsgebiet, verbrachte sein Sabbatical
in Princeton. Da wir ganz in der Nähe des Departments wohnten, kam er an den

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