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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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B. Die Mitglieder
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I. Antrittsreden
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Wienhard, Anna: Antrittsrede vom 27. Januar 2018
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0136
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B. Die Mitglieder

Zum Ende meines Studiums hin nahm die Mathematik einen immer größeren
Stellenwert ein. Ich begann mit meiner Diplomarbeit und hatte einfach Spaß am
Fach. Zusammen mit anderen Studenten und Doktoranden organisierte ich Se-
minare zusätzlich zum regulären Lehrangebot. Wir hatten eine tolle Gruppe sehr
interessierter Studenten aus Mathematik und Physik und mit dem Betreuer mei-
ner Arbeit, Werner Ballmann, einen Professor, der bereit war, unsere Vorschläge
aufzunehmen und mit Rat und Tat beiseite zu stehen. Nach einem Aufenthalt
am Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach schlug ich vor, doch einmal
- ähnlich wie in der Theologie üblich - ein Blockseminar in der Mathematik zu
organisieren.
Werner Ballmann nahm den Vorschlag mit Begeisterung auf. So nutzten wir
die Bonner „Exkursionswoche“ und fuhren nach einem gemeinsamen Frühstück
im Hause Ballmann mit den Fahrrädern in eine Jugendherberge, wo wir uns eine
Woche lang intensiv mit Mathematik beschäftigten und in den Pausen zusammen
Volleyball spielten. Alle waren begeistert. Es folgten viele weitere Blockseminare,
später dann auch gemeinsam mit anderen Arbeitsgruppen. Wir haben auf diese
Weise sehr viel gelernt und auch Studenten anderer Universitäten kennengelernt.
Das Konzept Blockseminar hat inzwischen viele Nachahmer gefunden. Damals
nahm ich die Bereitschaft von Werner Ballmann, mit uns eine Woche wegzufah-
ren, als fast selbstverständlich hin. Nun selber in der Rolle der Professorin mit
Familie schätze ich seinen Einsatz umso mehr. Nach dem Mathe-Diplom schloss
ich zuerst mein Theologiestudium ab. Im Anschluss daran begann ich mit der Pro-
motion und arbeitete parallel ein Jahr als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem
interdisziplinären Sonderforschungsbereich zum Judentum und Christentum. In
meinem Forschungsprojekt untersuchte ich, wie der Holocaust die Rede von Got-
tes Handeln in der Geschichte in der jüdischen und christlichen Theologie beein-
flusst und verändert hat. Die Auseinandersetzung mit den Denkstrukturen in der
Theologie war schon im Studium der Aspekt, der mich am meisten interessierte.
Hier bestand auch eine Brücke zur Mathematik. Das Aufdecken von auf den ersten
Blick verborgenen Strukturen - in der Mathematik oder im theologischen Denken
- reizte mich und hielt meine sehr verschiedenen Interessen zusammen.
Nachdem ich meine Mitarbeit im Sonderforschungsbereich abgeschlossen
hatte, begann ich die mathematische Welt zu erkunden. Da mein Doktorvater
Werner Ballmann in Bonn sich nicht wirklich mit dem von mir selbst gewähl-
ten Promotionsthema zur beschränkten Kohomologie auskannte, ging ich für vier
Monate an die ETH Zürich zu Marc Burger, dem Experten auf diesem Gebiet.
Dies war ein absoluter Glücksfall und ich weiß nicht, ob ich ohne diesen Auf-
enthalt heute als Mathematikerin vor Ihnen stünde. Zusammen mit Marc Bur-
ger und Alessandra lozzi begannen wir eine sehr erfolgreiche wissenschaftliche
Kollaboration. Aus den vier Monaten Zürich wurden sechs Monate und letztlich
mit Unterbrechungen fast drei Jahre. Ich genoss die Zusammenarbeit, die inter-

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