Detlef Weigel
Detlef Weigel
„Klima im Wandel - Pflanzen im Wandel: Anpassung in der Natur und
in der Züchtung"
Gesamtsitzung am 27. Januar 2018
Aus der Perspektive der Evolution ist der Klimawandel ein Bestandteil der natür-
lichen Selektion, die Populationen von wilden Pflanzen und Tieren zwingt, sich
rapide an veränderte Bedingungen anzupassen. Wer dies nicht schafft, stirbt zumin-
dest lokal aus. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf lokale Populationen
abzuschätzen, hat man bisher einen relativ einfachen Ansatz verfolgt. Man hat sich
nämlich damit begnügt vorherzusagen, in welchen geographischen Regionen in
der Zukunft Bedingungen herrschen werden, die denjenigen entsprechen, unter
denen eine Art heute vorkommt. Dabei ist impliziert, dass Arten, falls notwendig,
entsprechende Wanderungen unternehmen könnten. Wie sich das Verbreitungsge-
biet einer Art verändert, würde dann zum großen Teil davon abhängen, wie schnell
eine Art geographische Hürden überwinden kann.
Bei den erwähnten Ansätzen wurde bislang außer Acht gelassen, dass lokale
Populationen von Arten durchaus genetisch unterschiedlich sein können, so dass
es Individuen geben kann, die besser als der Durchschnitt ein zukünftiges Klima
überleben können, oder dass durch Kreuzungen neue genetische Kombinationen
entstehen können, die ebenfalls die Anpassung verbessern. In beiden Fällen würde
Selektion dazu führen, dass das genetische Makeup lokaler Populationen so verän-
dert wird, dass diese sich vor Ort anpassen.
Moises Exposito-Alonso in meiner Arbeitsgruppe hat in den letzten Jahren
am Beispiel der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana untersucht, inwiefern loka-
le Anpassung möglich ist. Zusammen mit Kollegen aus aller Welt haben wir in
den letzten zwei Jahrzehnten lokale Sorten der Ackerschmalwand in vielen Re-
gionen Europas und Asiens gesammelt und genetisch charakterisiert, wozu auch
die komplette Entschlüsselung des Erbguts von über tausend Sorten gehört. Um
abschätzen zu können, wie sich unterschiedliche klimatische Szenarien auf das
Überleben dieser Sorten auswirken, haben wir zuerst die Toleranz gegenüber Tro-
ckenheit im Gewächshaus untersucht. Gerade für kurzlebige einjährige Pflanzen
wie die Ackerschmalwand stellt ausdauernde Trockenheit, die sich über Wochen
hinzieht, eine große Bedrohung dar. Ausgedehnte Trockenperioden werden in
Zukunft nicht nur immer häufiger, sondern auch immer länger werden. Über
200 Sorten wurden im Gewächshaus ausgesät und in den ersten Wochen reichlich
gegossen. Wir hörten dann mit dem Gießen auf, und alle Pflanzen vertrockne-
ten nach und nach, allerdings mit recht unterschiedlicher Geschwindigkeit. Mit
Hilfe von regelmäßigen fotografischen Aufnahmen schätzten wir ab, wie schnell
jede Sorte grünes Gewebe verlor, woraus wir ein Maß für die Trockenheitstole-
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Detlef Weigel
„Klima im Wandel - Pflanzen im Wandel: Anpassung in der Natur und
in der Züchtung"
Gesamtsitzung am 27. Januar 2018
Aus der Perspektive der Evolution ist der Klimawandel ein Bestandteil der natür-
lichen Selektion, die Populationen von wilden Pflanzen und Tieren zwingt, sich
rapide an veränderte Bedingungen anzupassen. Wer dies nicht schafft, stirbt zumin-
dest lokal aus. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf lokale Populationen
abzuschätzen, hat man bisher einen relativ einfachen Ansatz verfolgt. Man hat sich
nämlich damit begnügt vorherzusagen, in welchen geographischen Regionen in
der Zukunft Bedingungen herrschen werden, die denjenigen entsprechen, unter
denen eine Art heute vorkommt. Dabei ist impliziert, dass Arten, falls notwendig,
entsprechende Wanderungen unternehmen könnten. Wie sich das Verbreitungsge-
biet einer Art verändert, würde dann zum großen Teil davon abhängen, wie schnell
eine Art geographische Hürden überwinden kann.
Bei den erwähnten Ansätzen wurde bislang außer Acht gelassen, dass lokale
Populationen von Arten durchaus genetisch unterschiedlich sein können, so dass
es Individuen geben kann, die besser als der Durchschnitt ein zukünftiges Klima
überleben können, oder dass durch Kreuzungen neue genetische Kombinationen
entstehen können, die ebenfalls die Anpassung verbessern. In beiden Fällen würde
Selektion dazu führen, dass das genetische Makeup lokaler Populationen so verän-
dert wird, dass diese sich vor Ort anpassen.
Moises Exposito-Alonso in meiner Arbeitsgruppe hat in den letzten Jahren
am Beispiel der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana untersucht, inwiefern loka-
le Anpassung möglich ist. Zusammen mit Kollegen aus aller Welt haben wir in
den letzten zwei Jahrzehnten lokale Sorten der Ackerschmalwand in vielen Re-
gionen Europas und Asiens gesammelt und genetisch charakterisiert, wozu auch
die komplette Entschlüsselung des Erbguts von über tausend Sorten gehört. Um
abschätzen zu können, wie sich unterschiedliche klimatische Szenarien auf das
Überleben dieser Sorten auswirken, haben wir zuerst die Toleranz gegenüber Tro-
ckenheit im Gewächshaus untersucht. Gerade für kurzlebige einjährige Pflanzen
wie die Ackerschmalwand stellt ausdauernde Trockenheit, die sich über Wochen
hinzieht, eine große Bedrohung dar. Ausgedehnte Trockenperioden werden in
Zukunft nicht nur immer häufiger, sondern auch immer länger werden. Über
200 Sorten wurden im Gewächshaus ausgesät und in den ersten Wochen reichlich
gegossen. Wir hörten dann mit dem Gießen auf, und alle Pflanzen vertrockne-
ten nach und nach, allerdings mit recht unterschiedlicher Geschwindigkeit. Mit
Hilfe von regelmäßigen fotografischen Aufnahmen schätzten wir ab, wie schnell
jede Sorte grünes Gewebe verlor, woraus wir ein Maß für die Trockenheitstole-
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