Mitarbeitervortragsreihe „Wir forschen. Für Sie
und der ersten Oboe besetzt ist.17 Während die Violinen unisono eine Achtel-Be-
gleitung vorgeschrieben haben, die sie gezupft ausführen sollen, spielt die Oboe
darüber eine kantable Melodie. Als Einzelsatz kommt diese Besetzung kein zweites
Mal vor, aber im fünften, achten, sechzehnten, siebzehnten und vierundzwanzigs-
ten Satz erklingen Passagen, die genau diese Satzgestaltung aufgreifen - auch hier
spielt die Oboe solistisch eine Melodie.18
Unzweifelhaft können diese Passagen mit dem Gesang des Orpheus assoziiert
werden: Während die gezupften Töne der Violinen das Spiel auf der Leier darstel-
len, imitiert die kantable Melodie der Oboe19 den Gesang des Orpheus. Durch das
Nicht-Verwenden des Bogens bei den Streichern und die solistische Behandlung
der Oboe in genau diesen Passagen unterschieden sich die Abschnitte deutlich
vom Rest der Ballettmusik.
Die Gestaltung von Orpheus’ Gesang ist dabei nur ein Aspekt, wie sich die
Handlung mit dem Notentext verknüpfen lässt. Eine detaillierte musikalische
Analyse der gesamten Ballettmusik kann verdeutlichen, dass dank der charakte-
ristischen Musik Dellers - über Melodik, harmonische Anlage und Wahl einzel-
ner Tanzsätze - an zahlreichen Stellen dem Szenar mit ziemlicher Sicherheit die
musikalischen Sätzen zugeordnet werden können - und vermutlich war dies ein
Grund, warum Schubart Deller als den besten „Dolmetscher“ von Noverres „mi-
mischen Erfindungen“20 sah.
Dr. Sarah-Denise Fabian studierte Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie
in Heidelberg und Cremona. Seit November 2015 arbeitet sie als Wissenschaftliche Mitar-
beiterin bei der Forschungsstelle „Südwestdeutsche Hofmusik“ der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften und widmet sich dort schwerpunktmäßig der Musik am württembergischen
Hof in Stuttgart und Ludwigsburg.
„Heimweh und Verbrechen. Karl Jaspers zur Psychopathologie von
Kindesmorden"
Mitarbeitervortrag von Dr. Chantal Marazia am 25. Juni 2018
Im Dezember 1908 wurde Karl Jaspers, der einer der bedeutendsten Philosophen
des zwanzigsten Jahrhunderts werden sollte, im Fach Medizin mit einer Arbeit
zum Heimweh promoviert. Diese Arbeit befasst sich mit dem Heimweh als Aus-
löser und Motiv von Verbrechen - vornehmlich Brandstiftung und Kindestötung
- bei jungen Dienstmädchen vom Lande. Im Unterschied zu seinen weiteren psy-
17 Vgl. ebd., S. 82.
18 Vgl. ebd., S. 77-146.
19 Vgl. Dahms: Der konservative Revolutionär, (wie Anm. 3), S. 285.
20 Schubart: Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, (wie Anm. 2), S. 151.
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und der ersten Oboe besetzt ist.17 Während die Violinen unisono eine Achtel-Be-
gleitung vorgeschrieben haben, die sie gezupft ausführen sollen, spielt die Oboe
darüber eine kantable Melodie. Als Einzelsatz kommt diese Besetzung kein zweites
Mal vor, aber im fünften, achten, sechzehnten, siebzehnten und vierundzwanzigs-
ten Satz erklingen Passagen, die genau diese Satzgestaltung aufgreifen - auch hier
spielt die Oboe solistisch eine Melodie.18
Unzweifelhaft können diese Passagen mit dem Gesang des Orpheus assoziiert
werden: Während die gezupften Töne der Violinen das Spiel auf der Leier darstel-
len, imitiert die kantable Melodie der Oboe19 den Gesang des Orpheus. Durch das
Nicht-Verwenden des Bogens bei den Streichern und die solistische Behandlung
der Oboe in genau diesen Passagen unterschieden sich die Abschnitte deutlich
vom Rest der Ballettmusik.
Die Gestaltung von Orpheus’ Gesang ist dabei nur ein Aspekt, wie sich die
Handlung mit dem Notentext verknüpfen lässt. Eine detaillierte musikalische
Analyse der gesamten Ballettmusik kann verdeutlichen, dass dank der charakte-
ristischen Musik Dellers - über Melodik, harmonische Anlage und Wahl einzel-
ner Tanzsätze - an zahlreichen Stellen dem Szenar mit ziemlicher Sicherheit die
musikalischen Sätzen zugeordnet werden können - und vermutlich war dies ein
Grund, warum Schubart Deller als den besten „Dolmetscher“ von Noverres „mi-
mischen Erfindungen“20 sah.
Dr. Sarah-Denise Fabian studierte Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie
in Heidelberg und Cremona. Seit November 2015 arbeitet sie als Wissenschaftliche Mitar-
beiterin bei der Forschungsstelle „Südwestdeutsche Hofmusik“ der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften und widmet sich dort schwerpunktmäßig der Musik am württembergischen
Hof in Stuttgart und Ludwigsburg.
„Heimweh und Verbrechen. Karl Jaspers zur Psychopathologie von
Kindesmorden"
Mitarbeitervortrag von Dr. Chantal Marazia am 25. Juni 2018
Im Dezember 1908 wurde Karl Jaspers, der einer der bedeutendsten Philosophen
des zwanzigsten Jahrhunderts werden sollte, im Fach Medizin mit einer Arbeit
zum Heimweh promoviert. Diese Arbeit befasst sich mit dem Heimweh als Aus-
löser und Motiv von Verbrechen - vornehmlich Brandstiftung und Kindestötung
- bei jungen Dienstmädchen vom Lande. Im Unterschied zu seinen weiteren psy-
17 Vgl. ebd., S. 82.
18 Vgl. ebd., S. 77-146.
19 Vgl. Dahms: Der konservative Revolutionär, (wie Anm. 3), S. 285.
20 Schubart: Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, (wie Anm. 2), S. 151.
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