12. Zählen und Erzählen (WIN-Programm)
12. Zählen und Erzählen. Spielräume und Korrelationen quantitativer
und qualitativer Welterschließung im Spannungsfeld von
wissenschaftlichem Objekt und Methode
Kollegiatin: Dr. Jana Pacyna1
Assoziiert: Jun.-Prof. Dr. Claudia Lauer2
1 Heidelberger Akademie der Wissenschaften
2 Deutsches Institut, Universität Mainz
Die Forschungsarbeit im Kontext des Projektes „Zählen und Erzählen“ konzent-
rierte sich im Jahr 2018 auf die synergetische Anwendung qualitativer und quanti-
tativer Methoden im Rahmen des (mit dem WIN-Projekt verbundenen) Habilita-
tionsprojekts „Geschichte (er)zählen? Anselm von Canterbury und die englischen
Investiturkonflikte 1070— 1109. Perspektiven und Grenzen historischer Netzwerk-
analyse“. Neben der fortgesetzten Erstellung einer Datenbank (die nach Abschluss
des Projektes - wenn möglich - der Forschung zur Verfügung gestellt werden soll)
und der Verarbeitung der dort gespeicherten Daten im Sinne des netzwerkanaly-
tischen Ansatzes, konnte auf der Ebene der Methodendiskussion eine klarere Be-
stimmung und Bedeutungszuschreibung qualitativer und quantitativer Methoden
im geschichtswissenschaftlichen Arbeiten anhand netzwerktheoretischer Überle-
gungen skizziert werden. Dabei sind Chancen und Probleme dieser zunächst (aber
nicht nur!) quantitativ orientierten Methode offenbar geworden.
Zur interdisziplinären und internationalen Auseinandersetzung mit diesen
Chancen und auch Grenzen der Methodik wurde 2018 mit der Planung der Tagung
„Visualisierung als Provokation? Netzwerkanalysen in Mediävistik und Altertums-
wissenschaften“ (3.4./4.4.2019, zusammen mit dem SFB 933 „Materiale Textkul-
turen“) begonnen. Im Zentrum stehen dabei folgende Überlegungen: Als noch
junge Methode der quantitativen und visuellen Forschung sind Netzwerkanalysen
gerade in den historischen Geisteswissenschaften verschiedenen Kritikpunkten
ausgesetzt. Die Netzwerkanalyse sei, könnte ein prototypischer Kritiker sagen,
eine bloße Spielerei ohne Mehrwert; eine Blackbox, die niemand durchschauen
könne; ein Mittel zur Erzeugung bunter Graphiken ohne Erkenntnisgewinn; im
schlimmsten Fall Verursacherin haltloser Konstruktionen; und überhaupt sei die
Methode für ältere Gesellschaften aufgrund zu geringer Ausgangsdaten meist so-
wieso gar nicht zu gebrauchen. Unabhängig davon, wie gerechtfertigt derartige
Kritikpunkte im konkreten Fall auch sein mögen, liegt der Kritik, so unsere Aus-
gangsthese, ein grundsätzlicherer Konflikt zugrunde: Computergestützte Netz-
werkanalysen und ihre Visualisierung stellen für historische Geisteswissenschaften
eine Provokation dar, weil sie das Primat des Geschriebenen und darauf basierende
Methoden in Frage stellen und weil die entsprechenden Wissenschaftlerinnen und
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12. Zählen und Erzählen. Spielräume und Korrelationen quantitativer
und qualitativer Welterschließung im Spannungsfeld von
wissenschaftlichem Objekt und Methode
Kollegiatin: Dr. Jana Pacyna1
Assoziiert: Jun.-Prof. Dr. Claudia Lauer2
1 Heidelberger Akademie der Wissenschaften
2 Deutsches Institut, Universität Mainz
Die Forschungsarbeit im Kontext des Projektes „Zählen und Erzählen“ konzent-
rierte sich im Jahr 2018 auf die synergetische Anwendung qualitativer und quanti-
tativer Methoden im Rahmen des (mit dem WIN-Projekt verbundenen) Habilita-
tionsprojekts „Geschichte (er)zählen? Anselm von Canterbury und die englischen
Investiturkonflikte 1070— 1109. Perspektiven und Grenzen historischer Netzwerk-
analyse“. Neben der fortgesetzten Erstellung einer Datenbank (die nach Abschluss
des Projektes - wenn möglich - der Forschung zur Verfügung gestellt werden soll)
und der Verarbeitung der dort gespeicherten Daten im Sinne des netzwerkanaly-
tischen Ansatzes, konnte auf der Ebene der Methodendiskussion eine klarere Be-
stimmung und Bedeutungszuschreibung qualitativer und quantitativer Methoden
im geschichtswissenschaftlichen Arbeiten anhand netzwerktheoretischer Überle-
gungen skizziert werden. Dabei sind Chancen und Probleme dieser zunächst (aber
nicht nur!) quantitativ orientierten Methode offenbar geworden.
Zur interdisziplinären und internationalen Auseinandersetzung mit diesen
Chancen und auch Grenzen der Methodik wurde 2018 mit der Planung der Tagung
„Visualisierung als Provokation? Netzwerkanalysen in Mediävistik und Altertums-
wissenschaften“ (3.4./4.4.2019, zusammen mit dem SFB 933 „Materiale Textkul-
turen“) begonnen. Im Zentrum stehen dabei folgende Überlegungen: Als noch
junge Methode der quantitativen und visuellen Forschung sind Netzwerkanalysen
gerade in den historischen Geisteswissenschaften verschiedenen Kritikpunkten
ausgesetzt. Die Netzwerkanalyse sei, könnte ein prototypischer Kritiker sagen,
eine bloße Spielerei ohne Mehrwert; eine Blackbox, die niemand durchschauen
könne; ein Mittel zur Erzeugung bunter Graphiken ohne Erkenntnisgewinn; im
schlimmsten Fall Verursacherin haltloser Konstruktionen; und überhaupt sei die
Methode für ältere Gesellschaften aufgrund zu geringer Ausgangsdaten meist so-
wieso gar nicht zu gebrauchen. Unabhängig davon, wie gerechtfertigt derartige
Kritikpunkte im konkreten Fall auch sein mögen, liegt der Kritik, so unsere Aus-
gangsthese, ein grundsätzlicherer Konflikt zugrunde: Computergestützte Netz-
werkanalysen und ihre Visualisierung stellen für historische Geisteswissenschaften
eine Provokation dar, weil sie das Primat des Geschriebenen und darauf basierende
Methoden in Frage stellen und weil die entsprechenden Wissenschaftlerinnen und
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