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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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A. Das akademische Jahr 2018
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II. Wissenschaftliche Vorträge
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Enders, Markus: Gibt es ein Schicksal für (je)den Menschen?: religionsphilosophische und ideengeschichtliche Überlegungen zur anthropologischen Deutungskategorie des Schicksals
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0061
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Markus Enders

Markus Enders
„Gibt es ein Schicksal für (je)den Menschen? Religionsphilosophische
und ideengeschichtliche Überlegungen zur anthropologischen
Deutungskategorie des Schicksals"
Gesamtsitzung am 27. Oktober 2018
Die Ausgangsfrage des Vortrags lautet: Was sind die konstitutiven Momente des-
sen, was wir in unserem alltäglichen Verständnis mit der anthropologischen Deu-
tungskategorie des „Schicksals“ auszudrücken versuchen? Einen ersten Hinweis
erhalten wir bereits durch die etymologische Grundbedeutung des sprachlichen
Ausdrucks „Schicksal“. Denn diese bezeichnet ein Geschehen, das einer Person
widerfährt, das ihr entgegentritt, das sie unausweichlich und unvermeidlich ereilt.
Wenn dieses Geschehen ein einzelnes, besonderes und bestimmtes ist, spricht man
gewöhnlich von einem „Schicksalsereignis“, während man vom „Lcbensschicksal“
eines Menschen spricht, wenn man den Schicksalscharakter seiner gesamten Le-
bensgeschichte bezeichnen möchte, sofern man diese zumindest auch als das Er-
gebnis von Widerfahrnissen versteht, die einen Menschen getroffen haben, ohne
von ihm gewollt, gewirkt und hervorgebracht worden zu sein, die gleichsam über
ihn gekommen sind. Dem einzelnen „Schicksalsereignis“ und dem ganzen „Le-
bensschicksal“ eines Menschen aber ist eine Reihe von inneren, konstitutiven, den
Sinngehalt von „Schicksal“ bestimmenden Momenten gemeinsam, die in Anleh-
nung an Romano Guardinis Analyse der Schicksalserfahrung des Menschen1 * und
unter Ergänzung von ideengeschichtlichen Überlegungen zur anthropologischen
Deutungskategorie des menschlichen Schicksals wie folgt zusammengefasst wer-
den sollen:
1. Das erste konstitutive Moment jedes Schicksalsereignisses wie auch des
ganzen Lebensschicksals einer Person ist dessen Jemeinigkeit: Jeder Mensch hat
sein eigenes, ihm alleine zugehöriges Schicksal. Das Schicksal eines Menschen ist
so einmalig und unvertretbar wie seine Person.
2. Ein zweites Erfahrungsmoment des Schicksals besteht in dessen Geheim-
nischarakter für unser Erleben, d. h. darin, dass es von uns unwillkürlich als etwas
Numinoses empfunden wird, das mit geheimnisvoller Energie aufgeladen ist und
Macht über uns besitzt.
3. Das sachlich bedeutendste Moment menschlicher Schicksalserfahrung ist
dessen Notwendigkeitscharakter bzw. dessen Unverfügbarkeit und Unentrinnbar-
keit. Dieser Notwendigkeitscharakter eignet bereits den natürlichen Ordnungen,
denen unser natürliches Dasein unterliegt. Hierzu gehört wesentlich seine Ver-

1 Vgl. Romano Guardini, Freiheit - Gnade - Schicksal. Drei Kapitel zur Deutung des Daseins, Mainz/
Paderborn 71994.

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