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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2018 — 2019

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B. Die Mitglieder
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Schneidmüller, Bernd: Stefan Weinfurter (24.6.1945−27.8.2018)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55650#0200
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B. Die Mitglieder

seinem akademischen Lehrer Odilo Engels als Assistent nach Köln. Hier wurde
Stefan Weinfurter 1973 promoviert, und hier habilitierte er sich 1980 für Mittel-
alterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften. In seiner Antrittsrede
als Ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom
31.1.2004 unterstrich er die richtungsweisende Kraft seiner Kölner Dissertation
„Salzburger Bistumsreform und Bischofspolitik im 12. Jahrhundert. Der Erzbi-
schof Konrad I. von Salzburg (1106—1147) und die Regularkanoniker“ (gedruckt
1975): „Meine Dissertation - das sage ich hoffentlich mit der nötigen Distanz -
enthält im Grunde schon alle wesentlichen Elemente, die meinen wissenschaftli-
chen Zugriff bis heute kennzeichnen.“
Es waren die Wechselwirkungen von gelebten und gedachten Ordnungen,
von Ideen und Praktiken, von Normen und Visionen, die Stefan Weinfurter in sei-
nen zahlreichen Werken aufgriff: „Ordnungskonfigurationen“ oder „Wirkverbün-
de“ kennzeichneten als Licblingsbcgriffc die Leitlinien des historischen Interesses,
das beständig zu Texterschließungen (so zuerst die Kölner Habilitationsschrift
über religiöse Lcbensregeln des 12. Jahrhunderts), Quelleninterpretationen, Mo-
dellbildungen und Synthesen führte. Zeitlebens arbeitete er zur Bedeutung von
Religion für die Normenbildung, für das Funktionieren von Gesellschaften, für
die Kreation von Zukunftsvisionen. In den 1970er und 1980er Jahren schien diese
Prägekraft in Deutschland aus der Mode gekommen zu sein, als Struktur- oder So-
zialgeschichte als Schlüssel zur Erklärung unaufhaltsamer Säkularisierungsschü-
be galten. Stefan Weinfurter kommentierte im beginnenden 21. Jahrhundert mit
weiser Ironie die plötzliche Hinwendung zum Konnex von Religion, Kultur und
Politik. Tatsächlich schienen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der
nordatlantischen Welt die Kraft religiöser Fundierungen schon weitgehend aus ih-
ren Vorstellungen gestrichen zu haben, um dann von diesen unerwartet überwältig
zu werden.
Stefan Weinfurter arbeitete in seinen Veröffentlichungen die Konfrontatio-
nen des 11./12. Jahrhunderts zwischen Reich und Kirche, zwischen regnum und
sacerdotium als Schlüsselepoche der lateineuropäischen Geschichte heraus, die in
ihrer grundsätzlichen Bedeutung allenfalls mit den Revolutionen der Zeit um
1800 verglichen werden könne. Eine umsichtig vorbereitete Salier-Ausstellung in
Speyer führte zu einem großen Ausstellungskatalog, zu einer Gesamtdarstellung
der Salierzeit, zu mehreren monumentalen Sammelbänden. 1999 schloss sich ein
Buch über Kaiser Heinrich II. (1002—1024) an, in dem die Gattung Herrscher-
biographie programmatisch mit einer umfassenden Analyse von Reich, Herrschaft
und Gesellschaft verschmolz. 2006 verwob Stefan Weinfurter seine langjährigen
Forschungen zur „europäischen Revolution des 11. Jahrhunderts“ zu einer Ge-
samtdarstellung über Canossa als Chiffre, der er das Diktum von der „Entzaube-
rung der Welt“ zum Untertitel gab. Zum 1200. Todesjahr Karls des Großen griff
Stefan Weinfurter die Kraft des Gottesreichs erneut auf und veröffentlichte 2013

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