Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

DOI Kapitel:
D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
DOI Kapitel:
II. Das WIN-Kolleg
DOI Kapitel:
Sechster Forschungsschwerpunkt „Messen und Verstehen der Welt durch die Wissenschaft“
DOI Kapitel:
4. Europäischer Datenschutz und Datenaustausch: interdisziplinäre Bedingungen und internationale Implikationen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0366
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Datenschutz und -austausch in der genetischen Forschung (WIN-Programm)

ein gleichwertiges Schutzniveau zu dem eigenen bescheinigt. Das Inkrafttreten
dieser Entscheidungen bedeutet, dass persönliche und sogar sensible Daten zwi-
schen der EU und Japan im Allgemeinen auf der Rechtsgrundlage der Beschlüsse
transferiert werden können. Obwohl dies den weltweit größten Raum sicherer
Datenflüsse schafft, fallen viele Bereiche der Genomforschung nicht in den An-
wendungsbereich der Beschlüsse.
Mit unserem rechtsvergleichenden Projekt, das zwei Jahre (2018 — 2019)
durch den DAAD gefördert wurde, verfolgten wir das Ziel, praktische Regeln für
die Genomforschung in beiden Ländern zu erarbeiten, damit human-genomische
Datenverarbeitung und der Datenaustausch ermöglicht werden können. Diese
Ergebnisse sollen 2020 in einer internationalen Fachzeitschrift für Datenschutz
publiziert werden.
Unser Projekt zum Biopatentwesen wurde von 2016 bis 2019 vom Bundes-
ministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im Rahmen einer interdis-
ziplinären Zusammenarbeit unter der Leitung von Professor Dr. Klaus Tanner
(Theologisches Seminar, Universität Heidelberg) analysierten wir die Paten-
tierung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) anhand von ge-
sellschaftlichen Diskussionen, ethischen Stellungnahmen sowie einschlägigen
Entwicklungen des Rechts, insbesondere juristischen Auslegungsprozessen, auf
internationaler und nationaler Ebene. Dabei stellten wir fest, dass das Patentwesen
in den letzten Jahrzehnten um wesentliche Funktionen aufgrund wissenschaft-
lich-technischer Umbrüche, zivilgesellschaftlicher Aktivitäten, gesetzgeberischer
Initiativen und gerichtlicher Rechtsfortbildung erweitert wurde.
Schwerpunktmäßig haben wir uns mit den Öffnungsklauseln der EG-Bio-
patentrichtlinie sowie des deutschen Patentgesetzes beschäftigt. Ihre zunehmende
Bedeutung für die Erteilung von Patenten auf biotechnologische Innovationen in
Deutschland und Europa wurde festgestellt. Die in den Öffnungsklauseln ver-
wendeten Begriffe „öffentliche Ordnung und gute Sitten“ werden zunehmend als
Einfallstore für ethisch-moralische Überlegungen genutzt. Die Folgenabwägung
bezieht sich insbesondere bei Biopatenten nicht mehr nur auf das Patent selbst,
sondern muss eine etwaige Bindungswirkung der behördlichen Entscheidung und
deren Bedeutung für die grundrechtsrelevanten Wertungen wie der des Embryo-
nenbegriffs berücksichtigen.
Insgesamt beobachteten wir in der Patenterteilungs- und Patentprüfungs-
praxis verstärkt Prozeduralisierungstendenzen: Einerseits werden zunehmend
Experten der Ethik, Wissenschaft und Wirtschaft in das Patenterteilungsverfahren
eingebunden, andererseits wird die Patenterteilungsentscheidung maßgeblich von
behördlichen Beurteilungsspielräumen geprägt.
So wird ein großer Teil der Unbestimmtheit, die den Regeln rund um die
Patenterteilung und die Patentlizensierung inhärent ist, über ein gerechtes Ver-
fahren zu lösen sein. Wird im Patentverfahren hauptsächlich die Neuheit einer

367
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften