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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

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D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses
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IV. Akademiekonferenzen
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Köhler, Stephan: Wandel und Transformation vormoderner Kreditmärkte: Die Bedeutung von Kleinkrediten: Akademiekonferenz vom 28. bis 30. Oktober 2019
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https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0408
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D. Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses

dem Wandel der am Kreditmarkt beteiligten Akteurinnen und Akteure in einer
historischen Perspektive.
Die Konferenz thematisierte sowohl die Periodisierung (Vormoderne gegen
Moderne) als auch die historische Pluralität von vormodernen Kreditmärkten.
Bei dem Eröffnungsvortrag wurde diskutiert, inwiefern Kleinkredit sich als Un-
tersuchungskategorie eignet und zugleich wurden auch andere Differenzierungen
vorgeschlagen: Eine Definition benannte Kleinkredite als Darlehen, die sich durch
bestimmte Schuldsummen, Laufzeiten, Arten der Besicherung, einen ungebunde-
nen Nutzungszweck und Ratenzahlung definieren. Eine andere diskutierte Kate-
gorisierung ging von der Art der Kreditsicherung aus und differenzierte zwischen
Krediten, die auf der Reputation des Geldnehmers beruhen, und solchen, die auf Si-
cherheitsversprechen (Pfändern, etc.) des Geldnehmers basieren. Aus letzterer De-
finition kann man folgern, dass mit Sicherheiten versehene Kredite nur bestimmten
Schichten zugängigwaren, während hingegen alternative Kreditarten (bspw. reputati-
onal credit) für all jene bedeutsam waren, die nichts als Sicherheit (Pfand) anzubieten
hatten. Die Ausbreitung beider Kreditarten ging mit ansteigender Vermögensun-
gleichheit und wachsendem Stadt-Land-Gefälle einher. Ab dem Mittelalter können
vielfältige Veränderungen auf Kreditmärkten beobachtet werden. Lange bevor es
Banken gab, waren es neue Kreditinstrumente oder (informelle) Vermittler, um nur
zwei Beispiele zu nennen, die unterschiedlichen sozialen Schichten auf vormoder-
nen Kreditmärkten den Zugang zu Krediten ermöglichten.
In fünf Sektionen wurden die Leitfragen der Konferenz von unterschied-
lichen Perspektiven aus beleuchtet. Dabei standen die Organisationsformen von
Kreditmärkten (Sektion 1), die Frage der räumlichen Bedeutung für Kreditmärkte
(Sektion 2), die Erhebung und Bearbeitung wirtschaftshistorischer Daten (Sek-
tion 3), die Transformation von Finanzinstitutionen im Mittelalter (Sektion 4) und
die Bedeutung von Kleinkrediten für das Überleben der historischen Bevölkerung
(Sektion 5) im Mittelpunkt.
Die einzelnen Beiträge thematisierten sowohl die schwierige Quellenlage als
auch damit einhergehende methodische Überlegungen anhand konkreter For-
schungsarbeiten. Mehrere Fallstudien bestätigten das eingangs diskutierte Bild von
einer Pluralität nebeneinander agierender Kreditinstitutionen, die in der Vormo-
derne existiert haben. Verschiedene Kreditinstitutionen waren auf das Engste mit
den Geld- und Finanzinstitutionen ihrer Zeit, aber auch über andere - häufig in-
formelle - Praktiken, miteinander verbunden. Die Akteure und Institutionen der
Kreditmärkte haben sich über die Zeit jedoch verändert und sind teilweise auch
wieder verschwunden. Entwicklungen waren dabei immer in das historische Um-
feld eingebettet. Historische Kapitalmärkte waren folglich keine isolierten Inseln,
sondern sowohl räumlich (geographisch) als auch sozial (gesellschaftlich) mitein-
ander verbunden. Eine strukturelle Trennung der Finanzmärkte in eine Hochfi-
nanz und Niederfinanz hat sich für die Vormoderne nicht bestätigt.

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