Jörg Schmalian
Graphen auch bei perfekter Impulserhaltung endlich, wohingegen bei Dotierung
mit Elektronen oder Löchern Prozesse notwendig sind, die die Impulserhaltung
brechen. Letztere sind bei niedrigen Temperaturen die Streuung an Störstellen
bzw. die Elektron-Phonon-Streuung bei hohen Temperaturen. Unelastische
Streuprozesse, die für die Ausbildung eines lokalen Gleichgewichts verantwort-
lich sind, werden dabei als viel schneller angenommen als die transportbezo-
genen Zeitskalen. Im Gegensatz dazu tritt das hydrodynamische Verhalten auf,
wenn der dominante Streuprozess im System auf Elektron-Elektron-Wechsel-
wirkung zurückzuführen ist.
Hydrodynamik von Dirac-Fermionen in Graphen. Graphen ist wegen
der besonders hohen Reinheit des Materials ein hervorragendes System für die
Realisierung der elektronischen Hydrodynamik [3 — 7, 23, 24]. Bringt man Gra-
phen auf ein geeignetes Substrat wie dem hexagonalen Bornitrid, so ergibt sich
eine schwache Kopplung an Gitterschwingungen, was zu einer sehr hohen Be-
weglichkeit von Ladungsträgern bei vergleichsweise hohen Temperaturen führt.
Aufgrund simultaner Fortschritte in der Herstellung von außergewöhnlich rei-
nem Graphen stehen damit Proben zur Verfügung, die sich sehr gut für hydrody-
namische Elektronik eignen.
Das Spektrum der elementaren Anregungen in undotierten Graphen ähnelt
dem masseloser Dirac-Fermionen in zwei Dimensionen (2D) und wird daher oft
als relativistisch bezeichnet (siehe Abb. 5b). Der obere und untere Kegel des Dirac-
Spektrums gehören dabei zu zwei verschiedenen Bändern. Die elektronische Flüs-
sigkeit besteht aus zwei Arten von Trägern entgegengesetzter Ladung: Elektronen
und Löchern. Bei der Beschreibung einer sich bewegenden Flüssigkeit ist es nun
oft hilfreich von einem Laborkoordinatensystem zu einem Koordinatensystem,
das sich mit der Flüssigkeit mitbewegt, überzugehen. Für nichtrelativistische Flu-
ide benutzt man dazu eine Galilei-Transformation. Entsprechend wendet man in
relativistischen Systemen die Lorentz-Transformation an. Viele hydrodynamische
Gleichungen lassen sich bereits ohne mikroskopische Theorie aus dem allgemei-
nen Verhalten unter solchen Transformationen verstehen.
Die zweidimensionale Hydrodynamik in Graphen ist jedoch weder Gali-
lei- noch Lorentz-invariant. Ersteres ist angesichts des Spektrums von Graphen
offensichtlich. Trotz der Linearität des Anregungsspektrums sind jedoch die Streu-
prozesse, die zum Transport beitragen, nicht Lorentz-invariant. Da die Elektro-
nengeschwindigkeit eben nicht gleich der tatsächlichen Lichtgeschwindigkeit ist,
ist die Elektron-Elektron- Wechselwirkung von der longitudinalen und darüber
hinaus noch dreidimensionalen Coulomb-Wechselwirkung dominiert. Folglich
müssen die hydrodynamischen Gleichungen von einer mikroskopischen Theorie
abgeleitet werden.
Viskosität von Graphen. In Graphen kann man, ausgehend von einer
mikroskopischen Theorie mit den Methoden der Quantenfeldtheorie, eine
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Graphen auch bei perfekter Impulserhaltung endlich, wohingegen bei Dotierung
mit Elektronen oder Löchern Prozesse notwendig sind, die die Impulserhaltung
brechen. Letztere sind bei niedrigen Temperaturen die Streuung an Störstellen
bzw. die Elektron-Phonon-Streuung bei hohen Temperaturen. Unelastische
Streuprozesse, die für die Ausbildung eines lokalen Gleichgewichts verantwort-
lich sind, werden dabei als viel schneller angenommen als die transportbezo-
genen Zeitskalen. Im Gegensatz dazu tritt das hydrodynamische Verhalten auf,
wenn der dominante Streuprozess im System auf Elektron-Elektron-Wechsel-
wirkung zurückzuführen ist.
Hydrodynamik von Dirac-Fermionen in Graphen. Graphen ist wegen
der besonders hohen Reinheit des Materials ein hervorragendes System für die
Realisierung der elektronischen Hydrodynamik [3 — 7, 23, 24]. Bringt man Gra-
phen auf ein geeignetes Substrat wie dem hexagonalen Bornitrid, so ergibt sich
eine schwache Kopplung an Gitterschwingungen, was zu einer sehr hohen Be-
weglichkeit von Ladungsträgern bei vergleichsweise hohen Temperaturen führt.
Aufgrund simultaner Fortschritte in der Herstellung von außergewöhnlich rei-
nem Graphen stehen damit Proben zur Verfügung, die sich sehr gut für hydrody-
namische Elektronik eignen.
Das Spektrum der elementaren Anregungen in undotierten Graphen ähnelt
dem masseloser Dirac-Fermionen in zwei Dimensionen (2D) und wird daher oft
als relativistisch bezeichnet (siehe Abb. 5b). Der obere und untere Kegel des Dirac-
Spektrums gehören dabei zu zwei verschiedenen Bändern. Die elektronische Flüs-
sigkeit besteht aus zwei Arten von Trägern entgegengesetzter Ladung: Elektronen
und Löchern. Bei der Beschreibung einer sich bewegenden Flüssigkeit ist es nun
oft hilfreich von einem Laborkoordinatensystem zu einem Koordinatensystem,
das sich mit der Flüssigkeit mitbewegt, überzugehen. Für nichtrelativistische Flu-
ide benutzt man dazu eine Galilei-Transformation. Entsprechend wendet man in
relativistischen Systemen die Lorentz-Transformation an. Viele hydrodynamische
Gleichungen lassen sich bereits ohne mikroskopische Theorie aus dem allgemei-
nen Verhalten unter solchen Transformationen verstehen.
Die zweidimensionale Hydrodynamik in Graphen ist jedoch weder Gali-
lei- noch Lorentz-invariant. Ersteres ist angesichts des Spektrums von Graphen
offensichtlich. Trotz der Linearität des Anregungsspektrums sind jedoch die Streu-
prozesse, die zum Transport beitragen, nicht Lorentz-invariant. Da die Elektro-
nengeschwindigkeit eben nicht gleich der tatsächlichen Lichtgeschwindigkeit ist,
ist die Elektron-Elektron- Wechselwirkung von der longitudinalen und darüber
hinaus noch dreidimensionalen Coulomb-Wechselwirkung dominiert. Folglich
müssen die hydrodynamischen Gleichungen von einer mikroskopischen Theorie
abgeleitet werden.
Viskosität von Graphen. In Graphen kann man, ausgehend von einer
mikroskopischen Theorie mit den Methoden der Quantenfeldtheorie, eine
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