Nachruf auf Albrecht Dihle
ter entstammte dem alten niedersächsischen Geschlecht derer von Reden; ihr Va-
ter, der Frankfurter Erste Staatsanwalt Gottfried v. Reden (1844—1921),5 hatte als
Göttinger Corps-Student („Bremensia“) mit dem nachmaligen letzten König von
Württemberg, Wilhelm II., eine lebenslange Freundschaft geschlossen: Die zeit-
geschichtlich aufschlussreichen königlichen Briefe an seinen Großvater mütter-
licherseits hat Albrecht Dihle dem Stuttgarter Hauptstaatsarchiv zur historischen
Auswertung zugänglich gemacht. Sein Vater Hermann Dihle, Sohn des preußi-
schen Gymnasialdircktors Dr. August Dihle zu Quedlinburg (1825-1910),6 war
von 1907 — 1912 im damals noch ungeteilten oberschlesischen Kohlerevier kgl.
Landrat des Kreises Zarbze (von 1915 bis 1946: „Hindenburg“) gewesen, bevor er
1913 auf Empfehlung des mit seinem Schwiegervater befreundeten württember-
gischen Königs von dessen Schwager Fürst Friedrich von Waldeck und Pyrmont
zum Präsidenten der Waldeckischen Domänenkammer bestellt wurde (mit Dienst-
sitz in der Residenzstadt Arolsen), der die Verwaltung des fürstlichen Grund- und
Immobilienvermögens („Domanium“) oblag. Der Fürst ernannte H. Dihle im
Rahmen des landesherrlichen Kirchenregiments zugleich zum Präsidenten des
Konsistoriums der Evangelischen Kirche von Waldeck-Pyrmont. Nach der Abset-
zung des Fürsten im Zuge der Novemberrevolution 1918 (die dafür benötigten
Revolutionäre mussten eigens aus dem preußischen Kassel anreisen) und nach
der Umwandlung des Konsistoriums in einen Landeskirchenrat amtierte H. Dihle
als dessen Präsident weiter; auch ließ er sich für die Deutschnationale Volkspartei
(DNVP) in den Arolser Gemeinderat wählen.7 So verbrachte Albrecht Dihle seine
ersten Lebensjahre in der kleinen Residenzstadt und spielte im Schlosspark mit
den Enkeln des Fürstenpaars.8
Der sorglosen Kindheit machte die nationalsozialistische Machtergreifung
im Jahre 1933 bald ein Ende. Sein Vater erfuhr nämlich früher als viele andere,
dass auch ein aufrechter, preußisch-konservativer Protestant im Dritten Reich sehr
schnell in die Lage kommen konnte, für Prinzipienfestigkeit mit der Erfahrung na-
tionalsozialistischen Terrors zahlen zu müssen. Als Präsident des Landeskirchen-
rats widersetzte er sich der Übernahme der Waldeckischen Landeskirche durch
die nationalsozialistischen „Deutschen Christen“, woraufhin diese gemeinsam mit
der NSDAP am 17. Januar 1934 in der Turnhalle von Arolsen eine Kundgebung
organisierten, auf welcher ultimativ der Rücktritt des „Staatsfeindes“ Hermann
Dihle gefordert wurde. In der folgenden Nacht erlebte der zehnjährige Albrecht
Dihle, dass randalierender Pöbel sein Elternhaus belagerte und die Fensterschei-
ben einschmiss; seine Eltern wurden von der SA in „Schutzhaft“ genommen und
5 Dihle Ms. 1, 12-14.
6 Dihle Ms. 1, 10-12.
7 Steiner 1990, 303.
8 Dihle, Ms. 1, 3.
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ter entstammte dem alten niedersächsischen Geschlecht derer von Reden; ihr Va-
ter, der Frankfurter Erste Staatsanwalt Gottfried v. Reden (1844—1921),5 hatte als
Göttinger Corps-Student („Bremensia“) mit dem nachmaligen letzten König von
Württemberg, Wilhelm II., eine lebenslange Freundschaft geschlossen: Die zeit-
geschichtlich aufschlussreichen königlichen Briefe an seinen Großvater mütter-
licherseits hat Albrecht Dihle dem Stuttgarter Hauptstaatsarchiv zur historischen
Auswertung zugänglich gemacht. Sein Vater Hermann Dihle, Sohn des preußi-
schen Gymnasialdircktors Dr. August Dihle zu Quedlinburg (1825-1910),6 war
von 1907 — 1912 im damals noch ungeteilten oberschlesischen Kohlerevier kgl.
Landrat des Kreises Zarbze (von 1915 bis 1946: „Hindenburg“) gewesen, bevor er
1913 auf Empfehlung des mit seinem Schwiegervater befreundeten württember-
gischen Königs von dessen Schwager Fürst Friedrich von Waldeck und Pyrmont
zum Präsidenten der Waldeckischen Domänenkammer bestellt wurde (mit Dienst-
sitz in der Residenzstadt Arolsen), der die Verwaltung des fürstlichen Grund- und
Immobilienvermögens („Domanium“) oblag. Der Fürst ernannte H. Dihle im
Rahmen des landesherrlichen Kirchenregiments zugleich zum Präsidenten des
Konsistoriums der Evangelischen Kirche von Waldeck-Pyrmont. Nach der Abset-
zung des Fürsten im Zuge der Novemberrevolution 1918 (die dafür benötigten
Revolutionäre mussten eigens aus dem preußischen Kassel anreisen) und nach
der Umwandlung des Konsistoriums in einen Landeskirchenrat amtierte H. Dihle
als dessen Präsident weiter; auch ließ er sich für die Deutschnationale Volkspartei
(DNVP) in den Arolser Gemeinderat wählen.7 So verbrachte Albrecht Dihle seine
ersten Lebensjahre in der kleinen Residenzstadt und spielte im Schlosspark mit
den Enkeln des Fürstenpaars.8
Der sorglosen Kindheit machte die nationalsozialistische Machtergreifung
im Jahre 1933 bald ein Ende. Sein Vater erfuhr nämlich früher als viele andere,
dass auch ein aufrechter, preußisch-konservativer Protestant im Dritten Reich sehr
schnell in die Lage kommen konnte, für Prinzipienfestigkeit mit der Erfahrung na-
tionalsozialistischen Terrors zahlen zu müssen. Als Präsident des Landeskirchen-
rats widersetzte er sich der Übernahme der Waldeckischen Landeskirche durch
die nationalsozialistischen „Deutschen Christen“, woraufhin diese gemeinsam mit
der NSDAP am 17. Januar 1934 in der Turnhalle von Arolsen eine Kundgebung
organisierten, auf welcher ultimativ der Rücktritt des „Staatsfeindes“ Hermann
Dihle gefordert wurde. In der folgenden Nacht erlebte der zehnjährige Albrecht
Dihle, dass randalierender Pöbel sein Elternhaus belagerte und die Fensterschei-
ben einschmiss; seine Eltern wurden von der SA in „Schutzhaft“ genommen und
5 Dihle Ms. 1, 12-14.
6 Dihle Ms. 1, 10-12.
7 Steiner 1990, 303.
8 Dihle, Ms. 1, 3.
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