Nachruf auf Albrecht Dihle
Dihles wissenschaftliche
Arbeit in der Heidelberger Zeit
galt, neben einigen großen Ar-
tikeln für das „Reallexikon für
Antike und Christentum“, vor
allem seiner Gesamtdarstellung
der griechischen und lateini-
schen Literatur der Kaiserzeit,
die im Jahre seiner Emeritie-
rung erscheinen konnte.125 Mit
diesem zweiten Teil von Dih-
les Literaturgeschichte wollen
wir unseren Überblick über
seine Hauptwerke abschlie-
ßen, werden dabei aber gele-
gentlich auch auf sein schönes
Buch, „Die Griechen und die
Fremden“126 eingehen; denn
vor allem im letzten Kapitel die-
ses Buches („Von der fremden
Sekte zur Staatsreligion - Das
Christentum in der Spätantike“) wird Dihles Einsicht in die kulturgeschichtliche
Schlüsselposition der Spätantike, die der Konzeption seines großen Werkes über
die Literatur der Kaiserzeit zugrunde liegt, besonders deutlich expliziert.
Im Laufe der zwei letzten vorchristlichen Jahrhunderte hatte Rom allmählich
die gesamte griechisch-sprachige Osthälfte des Mittelmeerraums erobert, so dass
das Imperium Romanum seit Octavians Seesieg bei Actium (31 v. Chr.) alle ans
Mittelmeer angrenzenden Gebiete umfasste. Andererseits hatte sich schon seit der
2. Hälfte des 3. Jh. v. Chr., beginnend mit der lateinischen Odyssee-Übersetzung
des Livius Andronicus, allmählich eine römische Literatur, später auch eine römi-
sche Rhetorik und Philosophie herausgebildet, die von Anfang an wesentlich auf
einer - vielfach sehr schöpferischen - Rezeption griechischer Literatur, Rhetorik
und Philosophie beruht. In diesem Sinne war die Schriftkultur der Römer längst
eine griechisch-römische, als unter Octavian/Augustus die Bildung des den gan-
zen Mittelmeerraum umfassenden römischen Imperiums abgeschlossen werden
konnte. Seit der Zeitenwende besteht deshalb nicht nur ein zweisprachig grie-
chisch-lateinisches, von zunehmender Rechtsvereinheitlichung im Zeichen des
Römischen Rechts geprägtes Mittelmeerimperium, sondern auch eine griechisch-
125 Dihle 1989.
126 Dihle 1994b.
113
Dihles wissenschaftliche
Arbeit in der Heidelberger Zeit
galt, neben einigen großen Ar-
tikeln für das „Reallexikon für
Antike und Christentum“, vor
allem seiner Gesamtdarstellung
der griechischen und lateini-
schen Literatur der Kaiserzeit,
die im Jahre seiner Emeritie-
rung erscheinen konnte.125 Mit
diesem zweiten Teil von Dih-
les Literaturgeschichte wollen
wir unseren Überblick über
seine Hauptwerke abschlie-
ßen, werden dabei aber gele-
gentlich auch auf sein schönes
Buch, „Die Griechen und die
Fremden“126 eingehen; denn
vor allem im letzten Kapitel die-
ses Buches („Von der fremden
Sekte zur Staatsreligion - Das
Christentum in der Spätantike“) wird Dihles Einsicht in die kulturgeschichtliche
Schlüsselposition der Spätantike, die der Konzeption seines großen Werkes über
die Literatur der Kaiserzeit zugrunde liegt, besonders deutlich expliziert.
Im Laufe der zwei letzten vorchristlichen Jahrhunderte hatte Rom allmählich
die gesamte griechisch-sprachige Osthälfte des Mittelmeerraums erobert, so dass
das Imperium Romanum seit Octavians Seesieg bei Actium (31 v. Chr.) alle ans
Mittelmeer angrenzenden Gebiete umfasste. Andererseits hatte sich schon seit der
2. Hälfte des 3. Jh. v. Chr., beginnend mit der lateinischen Odyssee-Übersetzung
des Livius Andronicus, allmählich eine römische Literatur, später auch eine römi-
sche Rhetorik und Philosophie herausgebildet, die von Anfang an wesentlich auf
einer - vielfach sehr schöpferischen - Rezeption griechischer Literatur, Rhetorik
und Philosophie beruht. In diesem Sinne war die Schriftkultur der Römer längst
eine griechisch-römische, als unter Octavian/Augustus die Bildung des den gan-
zen Mittelmeerraum umfassenden römischen Imperiums abgeschlossen werden
konnte. Seit der Zeitenwende besteht deshalb nicht nur ein zweisprachig grie-
chisch-lateinisches, von zunehmender Rechtsvereinheitlichung im Zeichen des
Römischen Rechts geprägtes Mittelmeerimperium, sondern auch eine griechisch-
125 Dihle 1989.
126 Dihle 1994b.
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