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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2023 — 2023(2024)

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I. Jahresfeier am 24. Juni 2023

Grußwort von Christoph Markschies,
Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften
Der Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat mir, Frau Mi-
nisterin, liebe Mitglieder, Mitarbeitende, meine Damen und Herren - Bernd
Schneidmüller hat mir mit der Einladung zu diesem Grußwort das außerordentli-
che Vergnügen gemacht, dass ich als korrespondierendes Mitglied seiner Akademie
einmal wieder von dem Pult in der Alten Aula sprechen darf, von dem aus ich
vor über zwei Jahrzehnten meine Heidelberger Antrittsvorlesung gehalten habe
und einige weitere Reden dazu.1 Nun grüßen aber korrespondierende Mitglieder
der Akademie, die das akademische Paradies Baden-Württemberg sträflicheiweise
verlassen haben, normaleiweise nicht zur Jahresfeier die Kolleginnen und Kolle-
gen. Ich grüße Sie alle, meine sehr verehrten Damen und Herren, daher auch als
Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, des Zusam-
menschlusses der acht deutschen Wissenschaftsakademien der Bundesländer.
Mit diesem Satz ist eigentlich im strengen Sinne die Aufgabe des Grußwor-
tes beendet. Denn eine Selbstvorstellung der grüßenden Organisation in einem
Grußwort ist spätestens seit dem Tage, da man sich während dieser Selbstvorstel-
lung im Internet über diese Organisation ausführlich und vermutlich auch besser
informieren kann, leicht abgeschmackt.2 Nun bleiben mir aber freundlicherweise
sechs Minuten zu reden, die mir Bernd Schneidmüller großzügig zugemessen hat,
und die, meine sehr verehrten Damen und Herren, gedenke ich auch zu nutzen:
zu einer Beobachtung, einer Vertiefung dieser Beobachtung und schließlich der
Frage, was diese Beobachtung für die Gemeinschaft der Akademien und jede ein-
zelne Akademie in der Gemeinschaft bedeutet.
Meine Beobachtung ist die, dass wir es in der deutschen Wissenschaftsland-
schaft mit einem durchgreifenden Kulturwandel zu tun haben, der dem Kultur-
wandel der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in keiner Weise nachsteht. Da ich
nur noch fünf Minuten zu reden habe, muss ich mich auf einige wenige holz-
schnittartige Begründungen beschränken. Man versteht beispielsweise die erreg-
ten Diskussionen über das Wissenschaftszeitvertragsgesetz und die Forderung
nach sicheren Karriereperspektiven für jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissen-
schaftler nur, wenn man sich die Pluralisierung der Beschäftigungspositionen, die
allmähliche Enthierarchisierung der Universitäten in den letzten Jahren und die
Veränderungen von Grundstrukturen von Beschäftigung in unserer Gesellschaft
vor Augen hält. Als weiteres Beispiel dieses Kulturwandels, das vielleicht auch die

1 Christoph Markschies, Warum hat das Christentum in der Antike überlebt? Ein Beitrag zum
Gespräch zwischen Kirchengeschichte und Systematischer Theologie, Forum Theologische
Literaturzeitung 13, Leipzig 2004.

2 www.akademienunion.de (letzter Zugriff am 29. Januar 2024).

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