Festvortrag von Josef Isensee

auf die Zusammenarbeit der Disziplinen hin, dass sie „Licht aus unterschiedlichen
Perspektiven auf denselben Gegenstand werfen und auch jene Teile der Wirklich-
keit aufhellen können, die bisher im Schatten des Unerheblichen geblieben sind,
und dass sie dazu beitragen, aus spezialisierten Kenntnissen die gesamte Wahrheit
zu erfassen".1
Mit einem Satz Paul Kirchhofs aus jenem Festvortrag des Jahres 1986 in der
Heiliggeistkirche soll unser Rundgang durch die Gedanken- und Arbeitswelt der
Hermeneutik enden: „Unsere Tradition des Suchens, Prüfens, Verbesserns und
erneuten Fragens hält uns in stetiger akademischer Unruhe".2 Diese Unruhe, lie-
ber Herr Kirchhof, kennt keine Altersgrenze. Das beweisen Sie tagtäglich, vor und
nach Ihrem 80. Geburtstag. In dieser verpflichtenden Selbstcharakteristik der Wis-
senschaft kann sich auch die Akademie der Wissenschaften wiederfinden: als die
institutionalisierte „Tradition des Suchens, Prüfens, Verbesserns und erneuten Fra-
gens in stetiger akademischer Unruhe". Der Akademie wie ihrem einstigen Präsi-
denten, den wir hier feiern, wünschen wir weiterhin stetige, heilsame, fruchtbare
- in der Tagesbegrifflichkeit: nachhaltige - Unruhe.


Paul Kirchhof (l.) und Josef Isensee

1 Paul Kirchhof, Wissenschaft in verfaßter Freiheit, 1986, S. 24.

2 Paul Kirchhof, ebd., S. 26.

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