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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Breitenstein, Mirko: Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0040
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Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant | 39
wärtig noch unklaren Zusammenhang, insofern sich in ihnen auffällige inhaltliche
wie auch textliche Parallelen finden lassen, die auf gemeinsame Berührungspunkte
in den jeweiligen Ursprungskontexten hindeuten. ⁶ Den heutigen Sprachgepflogenheiten
Rechnung tragend, werde ich im Folgenden auch den deutschen Begriff
»Gewissen« verwenden, ⁷ obwohl dessen Bedeutung nur zum Teil denen des Quellenbegriffs
conscientia entspricht.
Was heißt »Gewissen«?
In den hier zu untersuchenden Texten wird conscientia den begrifflichen Traditionen
entsprechend etymologisch sowohl mit con-scire ⁸ – mitwissen – als auch
mit cordis scientia ⁹ – das Wissen des Herzens – bestimmt. Die dem Menschen eigene
conscientia wird dabei – und dieser Aspekt ist von großer Tragweite – als
ein reflexives Wissen der eigenen Person verstanden. Conscientia – Gewissen wird
somit zum Ausdruck eines sich entwickelnden Selbstbewusstseins. Ein solches Bewusstsein,
das den Mönch dazu befähigt, sich selbst zum Gegenstand des eigenen
Nachdenkens zu machen, begegnet in erster Linie als ein Sündenbewusstsein und
wird entsprechend artikuliert. Conscientia beginnt, wie Petrus Cellensis bemerkt,
mit Angst und ist somit Ausdruck einer ganz individuellen Befindlichkeit. ¹⁰ Aus
der Betrachtung der eigenen Defizienz erwächst das Gefühl von Schuld; die aus
der Wahrnehmung einer Differenz von Sein und Sollen in der eigenen Person erwachsene
Spannung wird für den Mönch somit zur Voraussetzung seiner Gewis-
6 Einen ersten Hinweis auf diesen Zusammenhang gab Philippe Delhaye, Dans le sillage de S. Bernard,
trois petits traites ›de conscientia‹, in: Citeaux in de Nederlanden 5, 1954, S. 92–103. Seine Ausführungen
wurden bisher jedoch noch nicht aufgegriffen. Alle drei Texte können wohl aber dem cisterziensischen
Milieu zugewiesen werden: der des Petrus Cellensis durch die Widmung des Werks an Alcher von Clairvaux
und die anderen beiden durch ihre Herkunft, die höchstwahrscheinlich im Zisterzienserorden zu
verorten ist.
7 Im heutigen Sprachgebrauch ist die moralische Bedeutung des Begriffs »Gewissen« dominierend; vgl.
Christa Blumrich/Eduard Dückert/Maria-Elisabeth Fritze u. a., Handwörterbuch der deutschen
Gegenwartssprache, 2 Bde., Berlin 1984, hier Bd. 1, S. 484. Zu den je eigenen Begriffsgeschichten von conscientia
und »Gewissen« vgl. Uta Stormer-Caysa, Gewissen und Buch. Über den Weg eines Begriffes
in die deutsche Literatur des Mittelalters (Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte
14), Berlin 1998; Boris Hennig, »Conscientia« bei Descartes (Symposion 127), Freiburg/München 2006.
8 Conscientia est sui ipsius scientia […]. Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 199. […] tu, qui
conscius es tibi. Tractatus de interiori domo (wie Anm. 5), cap. 24, Sp. 534, vgl. unten Anm. 86. Für die
augustinische Tradition vgl. Johannes Stelzenberger, ›Conscientia‹ bei Augustinus. Studie zur Geschichte
der Moraltheologie, Paderborn 1959, S. 29 f.
9 Conscientia est cordis scientia – so bei Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 199 oder auch im
Tractatus de interiori domo (wie Anm. 5), cap. 11, 18, Sp. 517.
10 Inchoatur autem conscientia a timore […]. Petrus Cellensis, De conscientia (wie Anm. 1), S. 204.
 
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