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Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Breitenstein, Mirko: Die Verfügbarkeit der Transzendenz: Das Gewissen der Mönche als Heilsgarant
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https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0039
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38 | Mirko Breitenstein
Ein solches Gewissen stellt jedoch zugleich eine fundamentale Herausforderung
dar: eine Herausforderung für jeden Einzelnen, weil sein Seelenheil unmittelbar mit
seiner eigenen Person verknüpft wird, und eine Herausforderung für jede Gemeinschaft,
weil deren Stellenwert in einer Konzeption wie der des Petrus in Anbetracht
der starken Wertigkeit des Einzelnen neu zu bestimmen war.
Ich möchte im Folgenden der Frage nachgehen, wie denn das menschliche Gewissen
formal und qualitativ charakterisiert werden kann, wenn es im Sinne des
Petrus heilssichernd wirken sollte. Damit wird zugleich das Ziel verfolgt, die Gewissenskonzeptionen
hochmittelalterlicher Mönche im Sinne des vorliegenden
Bandes sowohl als Kennzeichen einer ganz spezifischen Weltdeutung als auch – und
dies ist parallel zu sehen – als Strategie zur Weltgestaltung vorzustellen. Für diesen
Zweck möchte ich neben der Schrift des Petrus Cellensis auf zwei weitere Texte
zurückgreifen, die versuchen, die Bedeutung des Gewissens für den Menschen zu
klären, und zugleich Anleitungen geben, wie eine solche conscientia recta zu erlangen
sei: die unter dem Namen Bernhards von Clairvaux († 1153) überlieferten
Traktate »Vom Gewissen« (De conscientia) ⁴ und »Vom inneren Haus« (De interiori
domo) ⁵ . (Der Traktat »Vom Gewissen« wird aufgrund des unspezifischen Titels im
Folgenden der besseren Unterscheidung wegen nach seinem Incipit auch als Petis
a me bezeichnet.) Alle drei Werke sind Ausdruck der seit dem 12. Jahrhundert neu
und intensiv artikulierten Forderungen nach Selbsterkenntnis und Übernahme von
Verantwortung. Die Texte stehen dabei zugleich in einem interessanten, aber gegen-
4 Tractatus de conscientia, ad religiosum quemdam ordinis Cisterciensis, in: Patrologia Latina, hg. von
Jacques-Paul Migne, Bd. 184, Paris 1854, Sp. 551–560, in leicht abweichender Textgestalt auch in Bd.
213, Paris 1855, Sp. 903 –912. Zu diesem Text vgl. die Angaben bei Morton W. Bloomfield/Bertrand-
Georges Guyot/Donald R. Howard u. a., Incipits of Latin Works on the Virtues and Vices, 1100 –1500
A.D., including a Section of Incipits of Works on the ›Pater Noster‹, Cambridge 1979, Nr. 3896; Richard
Newhauser/István Bejczy, A Supplement to Morton W. Bloomfield u. a. ›Incipits of Latin Works on
Virtues and Vices, 1100 –1500 A.D.‹ (Instrumenta Patristica et Mediaevalia 50), Turnhout 2008, Nr. 3896.
In Ergänzung der dort genannten Handschriften ist auf folgende Manuskripte hinzuweisen: Avignon,
Bibliothèque municipale, MS 229, fol. 185 –197, vgl. Catalogue général des manuscrits des bibliothèques
publiques de France, Départements 27, Paris 1894, S. 139; Brüssel, Bibliothèque royale, MS 1382–1391
(1706), fol. 176 –179, vgl. Joseph van den Gheyn, Catalogue des manuscrits da la Bibliothèque Royale de
Belgique, Bd. 3: Théologie, Brüssel 1903, S. 98; Cava di Tirreni, Biblioteca della SS. Trinità, Cod. Cavensis
11, fol. 153 –156v, vgl. die Angaben auf http://manus.iccu.sbn.it//opac_SchedaScheda.php?ID=206272
(zuletzt abgerufen am 14.4.2014); Charleville, Bibliotheque municipale 110, vgl. Catalogue général des
manuscrits des bibliothèques publiques des Départements, Bd. 5, Paris 1879, S. 599; sowie Rom, Biblioteca
Vallicelliana, MS F 49/1–2, fol. 15v–22v, vgl. die Angaben auf http://manus.iccu.sbn.it (zuletzt abgerufen
am 14.4.21014). Gegenwärtig bereite ich eine Edition dieses Textes vor. Zur Gewissenskonzeption des Werkes
vgl. Bertola, Il problema (wie Anm. 1), S. 103 –119; Delhaye, Le problème (wie Anm. 1), S. 91–97.
5 Tractatus de interiori domo seu de conscientia aedificanda, in: Patrologia Latina, hg. von Jacques-Paul
Migne, Bd. 184, Paris 1854, Sp. 507–552. Zu diesem Text vgl. Mirko Breitenstein, Der Traktat »Vom
inneren Haus«. Verantwortung als Ziel der Gewissensbildung, in: Innovation in Klöstern und Orden des
Hohen Mittelalters. Aspekte und Pragmatik eines Begriffs, hg. von Mirko Breitenstein/Stefan Burkhardt/Julia
Dücker (Vita regularis. Abhandlungen 48), Berlin 2012, S. 263 –292.
 
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