Ordensdisziplin und Konformität
bei den
Dominikanern und Franziskanern
Jens Röhrkasten
Die Ziele religiöser Gemeinschaften sowie Wege und Methoden, diese zu erreichen,
waren in Normen definiert und festgelegt, deren Verbindlichkeit von den Religiosen
bei ihrer Profess anerkannt wurde. Die Normkonformität der Ordensleute war
einmal eine Voraussetzung dafür, sich spirituellen Idealen soweit wie möglich zu
nähern, und man kann darüber hinausgehend sagen, dass sie die Gemeinschaft überhaupt
erst konstituierte. ¹ Sie sorgte durch die Vereinheitlichung von Lebensweise
und religiöser Praxis sowie durch die Harmonisierung von Wirtschaftspraktiken
und Verwaltungsprozessen dafür, dass die Ordensgemeinschaft nach außen hin als
Einheit wahrnehmbar war und sicherte ihre Funktionsfähigkeit. Die Disziplin der
Religiosen war ein wichtiger Bestandteil der für das individuelle Seelenheil notwendigen
Lebensweise und sicherte kollektiv die honestas der Gemeinschaft im
kirchlichen wie auch im weltlichen Kontext.
Sowohl die Dominikaner wie auch die Franziskaner schufen Strukturen, deren
Aufgabe es war, die Disziplin der einzelnen Ordensbrüder zu sichern und die Konformität
von Gruppen, d.h. einzelnen Konventen, Gruppen von Konventen oder
ganzen Ordensprovinzen, dauerhaft und gleichmäßig zu garantieren. Dazu musste
zunächst einmal eine geographische Gliederung vorgenommen werden, die ein Bestandteil
der Ausbreitung beider religiöser Gemeinschaften wurde und ein Teil ihrer
inneren Entwicklung war. Bei den Dominikanern wurde 1221 auf dem zweiten Generalkapitel
beschlossen, acht Ordensprovinzen einzurichten. ² Die Franziskaner,
1 Zur Terminologie allgemein: Giancarlo Rocca, Disciplina, in: Dizionario degli Istituti di Perfezione, Bd.
3, hg. von Guerrino Pelliccia/Giancarlo Rocca, Rom 1973, Sp. 714 –715; Félix Catherinet, Conformité
à la volonté de Dieu, in: Dictionnaire de Spiritualité ascétique et mystique. Doctrine et histoire, Bd.
2, hg. von Marcel Viller/Joseph de Guibert/Ferdinand Cavallera. Paris 1953, Sp. 1441–1469; Jean
Leclercq, Disciplina, in: Ebd., Bd. 3, Sp. 1291–1302.
2 Daniel Antonin Mortier, Histoire des Maîtres Généraux de l’ordre des Frères Prêcheurs, 7 Bde., Paris
1903 –1914, Bd. 1, S. 78, 120, 129 –130; Marie-Humbert Vicaire, Histoire de saint Dominique, 2 Bde.,
Paris 1982, Bd. 2, S. 291.
bei den
Dominikanern und Franziskanern
Jens Röhrkasten
Die Ziele religiöser Gemeinschaften sowie Wege und Methoden, diese zu erreichen,
waren in Normen definiert und festgelegt, deren Verbindlichkeit von den Religiosen
bei ihrer Profess anerkannt wurde. Die Normkonformität der Ordensleute war
einmal eine Voraussetzung dafür, sich spirituellen Idealen soweit wie möglich zu
nähern, und man kann darüber hinausgehend sagen, dass sie die Gemeinschaft überhaupt
erst konstituierte. ¹ Sie sorgte durch die Vereinheitlichung von Lebensweise
und religiöser Praxis sowie durch die Harmonisierung von Wirtschaftspraktiken
und Verwaltungsprozessen dafür, dass die Ordensgemeinschaft nach außen hin als
Einheit wahrnehmbar war und sicherte ihre Funktionsfähigkeit. Die Disziplin der
Religiosen war ein wichtiger Bestandteil der für das individuelle Seelenheil notwendigen
Lebensweise und sicherte kollektiv die honestas der Gemeinschaft im
kirchlichen wie auch im weltlichen Kontext.
Sowohl die Dominikaner wie auch die Franziskaner schufen Strukturen, deren
Aufgabe es war, die Disziplin der einzelnen Ordensbrüder zu sichern und die Konformität
von Gruppen, d.h. einzelnen Konventen, Gruppen von Konventen oder
ganzen Ordensprovinzen, dauerhaft und gleichmäßig zu garantieren. Dazu musste
zunächst einmal eine geographische Gliederung vorgenommen werden, die ein Bestandteil
der Ausbreitung beider religiöser Gemeinschaften wurde und ein Teil ihrer
inneren Entwicklung war. Bei den Dominikanern wurde 1221 auf dem zweiten Generalkapitel
beschlossen, acht Ordensprovinzen einzurichten. ² Die Franziskaner,
1 Zur Terminologie allgemein: Giancarlo Rocca, Disciplina, in: Dizionario degli Istituti di Perfezione, Bd.
3, hg. von Guerrino Pelliccia/Giancarlo Rocca, Rom 1973, Sp. 714 –715; Félix Catherinet, Conformité
à la volonté de Dieu, in: Dictionnaire de Spiritualité ascétique et mystique. Doctrine et histoire, Bd.
2, hg. von Marcel Viller/Joseph de Guibert/Ferdinand Cavallera. Paris 1953, Sp. 1441–1469; Jean
Leclercq, Disciplina, in: Ebd., Bd. 3, Sp. 1291–1302.
2 Daniel Antonin Mortier, Histoire des Maîtres Généraux de l’ordre des Frères Prêcheurs, 7 Bde., Paris
1903 –1914, Bd. 1, S. 78, 120, 129 –130; Marie-Humbert Vicaire, Histoire de saint Dominique, 2 Bde.,
Paris 1982, Bd. 2, S. 291.